Wilhelmshorst, Deutschland

Peter-Huchel-Haus

 
Der Dichter Peter Huchel (1903–1981) ist, nach Meinung von Joseph Brodskys, neben Gottfried Benn der bedeutendste deutsche Dichter der Nachkriegszeit. Huchels Ruhm gründet sich auch auf sein Wirken als erster Chefredakteur (1949–1962) der DDR-Literaturzeitschrift „Sinn und Form“, die Walter Jens das „geheime Journal der Nation“ nannte. Darin veröffentlichte er ein breites Spektrum der Weltliteratur, darunter Autoren wie Bertolt Brecht, französische Existenzialisten, russische Formalisten, Franz Kafka, Walter Benjamin, Ernst Bloch und Theodor W. Adorno. 1951 erhielt Peter Huchel für seinen Band „Gedichte“ den Nationalpreis der DDR. Nach heftigen Anfeindungen gegen Huchels parteiunabhängige verlegerische Konzeption wurde 1962 sein Rücktritt als Chefredakteur von „Sinn und Form“ erzwungen. Es folgten neun Jahre der ständigen Überwachung durch das MfS. 1963 wurde Huchel der West-Berliner Theodor-Fontane-Preis verliehen, den er entgegen der Forderung Alfred Kurellas (Kulturfunktionär, Mitglied des ZK der SED) annahm. Von 1963 bis 1971 hatte er in der DDR faktisch Publikationsverbot. Eine Gastdozentur für Poetik an der Universität in Frankfurt (Main) 1965 wurde ihm verweigert und weitere bundesrepublikanische Auszeichnungen mussten ihm 1965 und 1968 aufgrund seines Reiseverbots in Abwesenheit verliehen werden. Peter Huchels Haus in Wilhelmshorst war Treffpunkt von Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen, die in Opposition zum SED-Regime standen. Günter Kunert, Reiner Kunze, Wolf Biermann und Ludvik Kundera gehörten dazu. Auch Heinrich Böll und Max Frisch zählten zu den Besuchern dieses „Ortes des stillen Widerstandes“. Nach Interventionen der Akademie der Künste West-Berlin, Hamburgs und Bayerns und des Präsidenten des Internationalen PEN-Clubs sowie Heinrich Bölls wurde Huchel und seiner Frau im April 1971 die Ausreise gestattet. Peter Huchel ging zunächst als Stipendiat der Villa Massimo nach Italien und siedelte dann in die Bundesrepublik Deutschland über, wo er bis zu seinem Tod 1981 in Staufen lebte. 1984 stifteten das Land Baden-Württemberg und der Südwestfunk Baden-Baden den Peter-Huchel-Preis. Das Haus in Wilhelmshorst hatte Huchel nach seinem Weggang dem Dichter Erich Arendt überlassen, der dort bis zu seinem Tod 1984 wohnte. Auf Initiative der Akademie der Künste und des Landes Brandenburg wurde am 30. April 1991, dem 10. Todestag Huchels, vor dem Haus eine Gedenktafel eingeweiht. Anwesend waren der Schriftsteller Stephan Hermlin, der die Rede zur Einweihung hielt, und der Staatssekretär für Kultur des Landes Brandenburg, Dr. Jürgen Dittberner. Die Messingplatte wurde auf einem Findling angebracht, den der Dichter Huchel sich einst in seinen Garten holen ließ und als seinen Grabstein vorgesehen hatte. Im Garten befindet sich zudem eine von Wieland Förster geschaffene und aus Spenden finanzierte Porträt-Büste Peter Huchels. 1995 entstand auf Initiative des Brandenburgischen Literaturbüros in den unteren Räumen eine Ausstellung zu Leben und Werk Peter Huchels. Im Oktober 1997 wurde dann das Peter-Huchel-Haus als Gedenkstätte und Literaturhaus eröffnet. Hier finden regelmäßig Lesungen, Podiumsgespräche und Ausstellungen statt. Im Dachgeschoss befindet sich die Geschäftsstelle des Ludvik-Kundera-Instituts, dessen Ziel die Förderung tschechischer Literatur in deutscher Sprache ist. An Peter Huchel wird auch an seinem Geburtshaus erinnert sowie an einem Wohnhaus, in dem der Dichter von 1931 bis 1933 lebte. Die frühere Alexander-Abusch-Straße in Berlin/ Marzahn-Hellersdorf trägt seit dem 5. Juni 1992 seinen Namen. Auch in Potsdam wurde eine Straße nach Peter Huchel benannt.

Kontakt

Peter-Huchel-Haus
Hubertusweg 41
14557 Wilhelmshorst

Inschriften

Inschrift der Gedenktafel
(vor dem ehemaligen Wohnhaus von Peter Huchel)
Peter Huchel / lebte hier von 1953 bis 1971
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch

Literatur

  • Huchel, Peter: Gesammelte Werke in zwei Bänden, Frankfurt a. M. 1984
  • Nijssen, H.: Der heimliche König. Leben und Werk von Peter Huchel, Würzburg 1998
  • Schoor, Uwe: Das geheime Journal der Nation. Die Zeitschrift „Sinn und Form“, Berlin 1992
  • Walther, Peter (Hrsg.): Am Tage meines Fortgehens. Peter Huchel (1903–1981). Begleitband zur Ausstellung des Brandenburgischen Literaturbüros, Frankfurt a. M./Leipzig 1996

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016
 
  • Kategorie: Gedenkort
  • Historisch: Ja
  • Standort: Hubertusweg 41
  • Stadt: Wilhelmshorst
  • Gebiet: Brandenburg
  • Land: Deutschland