Die von dem Hofarchitekten Friedrich Ludwig Persius (1803–1845) entworfene und 1844 geweihte Heilandskirche lag im DDR-Sperrgebiet der ab 13. August 1961 errichteten Mauer. Die Betonplatten waren direkt an den Glockenturm angesetzt worden, wodurch er zu einem Teil der Sperrmauer wurde. Die Kirchgemeinde durfte zunächst ihre Kirche weiterhin nutzen. Dafür wurden die Gottesdienstbesucher von Soldaten durch den Todesstreifen zur Kirche geführt. Den vorerst letzten Gottesdienst dieser Art hielt Pfarrer Joachim Strauss (1912–1996) am Heiligen Abend 1961, denn wenige Tage später wurde die Inneneinrichtung der Kirche zerstört. Pfarrer Strauss erhielt im Januar 1962 die Nachricht, dass die Kirche von unbekannter Hand zertrümmert worden und daher eine weitere Nutzung nicht möglich sei. Strauss durfte nicht mehr in die Kirche und musste den Grenztruppen die Kirchenschlüssel übergeben. Da das Sperrgebiet für andere unzugänglich war, konnten nur Grenzsoldaten die Tat begangen haben, um so einen Vorwand für die Sperrung der Kirche zu liefern und damit Fluchtversuche auch in diesem Grenzabschnitt unmöglich zu machen.
Vom Westen aus konnte der zunehmende Verfall der Kirche beobachtet werden. 1981 erwirkten Kirchenvertreter und Denkmalschützer eine Begehung des Baus. Dabei wurde die fast vollständige Zerstörung des Daches festgestellt. Der Fußboden, die hölzernen Wandpaneele, das Kirchengestühl und die Kanzel wurden für nicht mehr sanierungswürdig erklärt. Der Taufstein, das beschädigte Lesepult und die Apostelfiguren wurden nach Paaren/Glien in die Obhut von Pfarrer Jürgen Kurschat ausgelagert. Dieser erreichte, dass acht Apostelfiguren sowie der Taufstein mit staatlicher Unterstützung restauriert werden konnten. Ab Mitte der 1980er Jahre engagierte sich auch der West-Berliner Senat und sorgte zusammen mit der Tagesspiegel-Stiftung für die Instandsetzung der Kirche.
Nach der Maueröffnung 1989 wurde festgestellt, dass die bei der Begehung 1981 noch vorhandene Empore verschwunden war. In einem Grenzschuppen in Sacrow konnten Teil davon aufgefunden und die Empore schließlich rekonstruiert werden.
Seit 1990 ist die Heilandskirche eine „offene Kirche“. Bereits Weihnachten 1989 fand mit Pfarrer Joachim Strauss nach 28 Jahren der erste Gottesdienst statt. Heute wird die Heilandskirche wieder als Gotteshaus genutzt. Es finden regelmäßig Gottesdienste, Trauungen und Taufen sowie Konzerte und Führungen statt. Norbert Greger setzt sich seit 1990 für die Instandsetzung der Heilandskirche ein und ist dort als Besucherbetreuer tätig. 1999 erhielt er für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz. Seit 1992 gehört die Heilandskirche zum UNESCO-Weltkulturerbe. In den Jahren 1993 bis 1995 fand eine umfassende Restaurierung statt. Spenden ermöglichten zudem den Wiederaufbau der Orgel.
Kontakt
Heilandskirche
Fährstraße / Im Schlosspark Sacrow
14469 Potsdam
Ereignisse
1993 bis 1995 - Restaurierung
Umfassende Restaurierung der Heilandskirche
Dezember 1989 - Historie
Erster Gottesdienst nach Verwüstung und Schließung der Kirche
1981 - Historie
Kirchenvertreter und Denkmalschützer erwirken Begehung der Kirche
Dezember 1961 - Historie
Die im DDR-Grenzgebiet befindliche Kirche wird verwüstet, eine weitere Nutzung wird unmöglich
Literatur
- Kitschke, Andreas: Potsdam-Sacrow. Heilandskirche, PEDA-Kunstführer Nr. 128/1998, Passau 1998
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016