Bad Sachsa, Deutschland

Grenzlandmuseum Bad Sachsa e. V.

 
Das im Südharz gelegene Bad Sachsa im gehörte bis 1945 zur Grafschaft Hohnstein in Thüringen. Im Rahmen eines Gebietsaustausches war es im Juli 1945 der britischen Zone zugeschlagen worden. Der Grund waren pragmatische Erwägungen der Besatzungsmächte: Die Grafschaft Hohnstein ragte wie eine Nase in die britische Zone, und wichtige Eisenbahnverbindungen zwischen einzelnen Orten liefen durch das sowjetisch besetzte Gebiet. Im Gegenzug erhielt die sowjetische Besatzungsmacht von den Briten einen Teil des Kreises Blankenburg, der seinerseits in die SBZ ragte. In der unmittelbaren Nachkriegszeit herrschte bei Bad Sachsa, auf der Straße zwischen Walkenried und Ellrich, reger Passierverkehr. Unzählige Menschen überquerten im kleinen Grenzverkehr die Demarkationslinie bei Walkenried/Ellrich: Eine Reihe von Bewohnern der Grenzgemeinden pendelte zum Arbeiten in die Westzone, und viele Bauern passierten die Grenze aus dem Westen in Richtung SBZ, um ihre Äcker in Thüringen zu bewirtschaften. Bewohner beider Zonen fuhren zum Verwandtenbesuch auf die andere Seite. Aber auch ehemalige Zwangsarbeiter, Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten und entlassene Kriegsgefangene überquerten die Passierstelle Walkenried/Ellrich. Wie überall im Nachkriegsdeutschland gehörten zu den Grenzgängern auch Schmuggler und Schieber, die mit der Beschaffung von Waren in der Nachbarzone Geschäfte machten. Zwar wurde die Grenze durch die britischen bzw. die sowjetischen Truppen streng bewacht, der Grenzverkehr mit einem Interzonenpass, der im Oktober 1946 eingeführt wurde, war jedoch gestattet. Dies änderte sich nach der doppelten Staatsgründung 1949. Die Bewachung der Westgrenze oblag nun der DDR-Grenzpolizei, die von der sowjetischen Besatzungsmacht aufgebaut worden war. Angesichts des großen Flüchtlingsstroms Richtung Westen verschärfte die Grenzpolizei die Kontrollen an den Passierstellen. Zunächst war weiterhin ein Überqueren der Grenze mit legalen Papieren für Bauern und Arbeitspendler möglich. Zudem war die „grüne Grenze“ noch relativ durchlässig, und eine große Anzahl von Menschen überquerte sie illegal. Dieser Flüchtlingsstrom führte zu einer abermaligen Verschärfung der Kontrollen. 1952 schließlich beschloss der Ministerrat der DDR die vollständige Schließung der Westgrenze. Der Grenzverkehr am Übergang Walkenried–Ellrich wurde schlagartig unterbunden. Im Laufe der fünfziger Jahre sicherte die DDR die Grenze weiter; Kontrollstreifen, Schutzzone und Sperrgebiet wurden eingerichtet und Erdbunker aus Beton als Grenzsicherung gebaut. Der Flüchtlingsstrom verlief fortan zumeist über Ost-Berlin in Richtung Westteil der Stadt. Nach dem 13. August 1961, dem Beginn des Mauerbaus, war eine Flucht Richtung Westen nur noch unter Lebensgefahr möglich. Auch im Südharz wurde nach dem August 1961 die Grenze weiter ausgebaut und mit dem Bau eines zweireihigen Stacheldrahtzaunes und einem Kfz-Sperrgraben begonnen. Trotzdem versuchte auch hier eine unbekannte Zahl von Menschen, in den Westen zu flüchten. Die Straße Walkenried–Ellrich konnte erst nach der Grenzöffnung im November 1989 wieder passiert werden.   Das Grenzlandmuseum Bad Sachsa e. V. wurde nach der Grenzöffnung von einer Privatinitiative aus Tettenborn angeregt und am 12. November 1992 eröffnet. Es wird von einem Förderverein betrieben und über Spenden und Eintrittsgelder finanziert. Im Museum werden die Aufbauphasen der Staatsgrenze im thüringischen Harzvorland anhand von Geländemodellen und Ausrüstungsgegenständen gezeigt. Kern der Ausstellung ist eine komplett ausgestattete Führungsstelle der DDR-Grenztruppen. Eine besondere Attraktion in der Ausstellung ist der Heißluftballon, den ein Ehepaar noch im August 1989 aus Bettwäsche nähte, um nach dem Vorbild einer geglückten Flucht zweier Familien 1978 in den Westen zu fliehen. Doch das Vorhaben scheiterte, und das Ehepaar wurde zu einer Haftstrafe verurteilt, die nach der Grenzöffnung 1989 endete.

Kontakt

Grenzlandmuseum Bad Sachsa e. V.
Am Kurpark 6 (Haus des Gastes)
37441 Bad Sachsa

Literatur

  • Innerdeutsche Grenze im Südharz, hrsg. Vom Grenzlandmuseum Bad Sachsa e.V., Bad Sachsa 1994

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016
 
  • Kategorie: Museale Anlage
  • Historisch: Ja
  • Standort: Am Kurpark 6
  • Stadt: Bad Sachsa
  • Ortsteil: Tettenborn
  • Gebiet: Niedersachsen
  • Land: Deutschland