Am 5. Juni 1952 begann die Aktion „Ungeziefer“, bei der aus dem Kreis Meiningen insgesamt 492 Menschen zwangsausgesiedelt wurde. Die DDR-Regierung wollte das Grenzgebiet zur Bundesrepublik von „politisch nicht zuverlässigen“ Personen „säubern“. Am 3. Oktober 1961 fand im Rahmen der landesweiten Aktion „Festigung“ eine zweite Zwangsaussiedlung statt, die noch einmal 147 Menschen betraf. Heute wird an der früheren deutsch-deutschen Grenze zwischen Henneberg (Thüringen) und Eußenhausen (Bayern) auf der Schanz mit mehreren Kunstwerken der deutschen Einheit und der Zwangsaussiedlungen in Thüringen gedacht. Die DDR-Aussiedlungsaktionen sollen, so das Ziel des Künstlers Herbert „Jimmy“ Fell, nicht mit einer Gedenktafel, sondern mit einem Bild in Erinnerung gebracht werden: Eine einfache und zugleich aussagekräftige Skulptur eines umgestürzten Stuhles an einer stilisierten Hauswand symbolisiert die Brutalität, mit der die Bewohner der Region ihrer Heimat beraubt wurden. Unterschiedlich lange und verzogene Stuhlbeine, welche die Haussilhouette berühren, versinnbildlichen einen aus dem Haus stürzenden Menschen. 20 Auszubildende aus Thüringen waren an der praktischen Umsetzung der in Schwarz gehaltenen Stahlkonstruktion auf einer Betonplatte beteiligt. Das Denkmal will nicht nur an die zu DDR-Zeiten Vertriebenen des Meininger Landkreises erinnern, sondern auch an eine frühere Vertreibung aus dem Jahr 1585. Damals hatte Fürstbischof Julius Echter evangelische Familien während der Gegenreformation aus ihren Häusern verjagen lassen.
Unter der Schirmherrschaft der Landräte von Schmalkalden-Meiningen, Ralf Luther, und von Rhön-Grabfeld, Fritz Steigerwald, wurde das Kunstwerk am 20. September 2002 eingeweiht. Zwei Tage vor der Bundestagswahl sollte mit einer künstlerisch inszenierten Veranstaltung Dankbarkeit dafür ausgedrückt werden, dass nun schon zum vierten Mal eine gesamtdeutsche und demokratische Regierung gewählt werden konnte. Bereits seit 1996 existiert auf der Schanz die Goldene Brücke, ein golden bemalter Holzskelettbau, der über einem alten Grenzstein steht; ein Fuß steht in Bayern, der andere in Thüringen. Die Goldene Brücke wurde unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzler Helmut Kohl als Symbol des Zusammenwachsens errichtet. Zusammen mit der Enthüllung des Kunstwerks 2002 wurde die Goldene Brücke von den Landräten zum „Nationaldenkmal für Freiheit und Einheit“ erhoben. Damit reagierten sie auf eine Entscheidung des Deutschen Bundestages, der den Bau eines solchen Denkmals auf dem Schlossplatz in Berlin abgelehnt hatte. Anlässlich des 15. Jahrestages der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2005 wurden weitere Skulpturen enthüllt. Ein mannshohes Denkmal aus Beton und Edelstahl zeigt einen Trabant, einen VW Käfer und einen Grenzturm auf einem Stück Mauer. Stifter der Skulptur ist die Familie Erhard aus Üchtelhausen. Zudem wurde an diesem Jahrestag die Skulptur „Auf der Flucht erschossen“ von Jimmy Fell eingeweiht. Sie erinnert an den Schießbefehl an der früheren innerdeutschen Grenze. Um der Millionen Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft zu gedenken, häufte Jimmy Fell 2011 etliche kleine Steine auf und versah sie mit einer roten Fahne. Jeder Stein des „Red Holocaust“ getauften Werkes steht stellvertretend für einen getöteten oder umgekommenen Menschen. Nachdem der Steinhaufen wenige Wochen später verwüstet worden war, richtete der Künstler ihn erneut her. Auf dem neuen Haufen steht in weißer Schrift „don’t forget us“.
Inschriften
Inschrift eines Gedenksteins
17. Juni 1953 // 3. Okt. 1990
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift des Bildstockes mit der Mutter Gottes
FREIHEIT // 3.10. / 1990 // ZUR / EINHEIT // Mutter mit dem Himmelskinde / steig herab auf Deutschlands / Fluren, dass es folgend euren / Spuren, dauernd wahren Frieden / finde. Mutter udn Kind, in Liebe / verbunden - Vaterland , so nur / kannst du gesunden. J. Kentenich
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift der Metaltafel am Findling
(neben dem Bildstock mit der Mutter Gottes)
Zur Entstehung dieses / Bildstockes // Am 9. November 1989 öffnete sich die / Grenze zwischen Ost- und Westdeutsch- / land - überraschend und friedlich - wie / es kaum jemand zu hoffen gewagt / hatte. Mitglieder der internationalen / Schönstattbewegung aus Thüringen und / dem Landkreis Rhön-Grabfeld nahmen / dies zum Anlaß, diesen Bildstock zu / errichten. // Am 6. Oktober 1991 wurde er gesegnet. / Er soll an die wiedererlangte Freiheit / erinnern, zur weiteren Verwirklichung / der Einheit mahnen, auf das Wirken / Gottes und auf die Macht des Gebetes / in Dank, Bitte und Vertrauen / hinweisen.
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016