Neustrelitz, Deutschland

Gedenkstein für die Opfer des NKWD–Gefängnisses Nr. 5 Strelitz

 
Die Anfänge der heutigen Justizvollzugsanstalt Neustrelitz reichen bis in das 18. Jahrhundert zurück, als das Landarbeits-, Zucht- und Irrenhaus des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz errichtet wurde. Bis 1945 waren auf dem Gelände Gefängnis, Zuchthaus und eine Abteilung zur Verwahrung „unzurechnungsfähiger Rechtsbrecher“ untergebracht. Im Mai 1945 übernahm die sowjetische Besatzungsmacht die Gefängnisgebäude und nutzte sie bis zum Juli 1945 als Gefängnis des NKWD mit regionaler Zuständigkeit. Danach unterstand die Strafanstalt als Gefängnis Nr. 5 Strelitz der Abteilung Speziallager des NKWD in Deutschland und wurde bis Ende 1946 von ihr verwaltet. Bei der Übergabe an die deutschen Behörden befanden sich 1 088 Häftlinge in der Anstalt: überwiegend Bürger der Sowjetunion, die auf ihre Repatriierung warteten, zu Lagerhaft verurteilte ehemalige Kriegsgefangene und Soldaten der Wlassow-Armee. Das Gefängnis durchliefen auch Deutsche, die nach kurzem Aufenthalt in die sowjetischen Speziallager transportiert wurden. Im April 1946 stieg die Zahl der Häftlinge stark an, weil viele Deutsche aus Mecklenburg-Vorpommern und dem nördlichen Brandenburg, die von Sowjetischen Militärtribunalen verurteilt worden waren, von Operativgruppen an die sowjetische Geheimpolizei überstellt wurden. Ab diesem Zeitpunkt war das Gefängnis auf Dauer mit über 1 000 Personen belegt, darunter Frauen und Jugendliche. Ehemalige Häftlinge berichten, dass auch sowjetische Bürger gemeinsam mit Deutschen eingesperrt waren. Aufgrund der katastrophalen Haftbedingungen, der schlechten Ernährung und fehlender medizinischer Betreuung starb ein großer Teil der Häftlinge. Ihre Gräber sind bis heute nicht gefunden worden. Das NKWD-Gefängnis Nr. 5 Strelitz konnte die ständig wachsende Anzahl von SMT-Verurteilten bald nicht mehr aufnehmen, sodass es geschlossen wurde. Die verurteilten Häftlinge brachte man im September 1946 in das Speziallager Nr. 7 nach Sachsenhausen, wo sie isoliert von anderen Häftlingen in der sogenannten Zone II gefangen gehalten wurden. Das Gefängnis in Neustrelitz kam wieder unter deutsche Verwaltung und wurde bis 2001 genutzt. Am 1. April 2001 nahm die auf einem anderen Gelände neu errichtete Jugendhaftanstalt ihren Betrieb auf. Das alte Gefängnisgebäude steht gegenwärtig leer. Auf Initiative der Lagergemeinschaft Sachsenhausen 1945–1950 e.V. wurde gemeinsam mit dem Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern am 3. September 2000 ein Gedenkstein mit einer Tafel vor dem Eingang der Strafanstalt aufgestellt.

Inschriften

Gedenkstein vor dem Eingang der Strafanstalt
(Tafel auf dem Gedenkstein)
Zum Gedenken an die Opfer, / die im Gefängnis / des NKWD Nr. 5 Strelitz / von 1945–1946 / durch sowjetische Willkür / ihr Leben lassen mussten.
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch

Ereignisse

August 1945 bis 1946 - Historie
Nutzung der Strafanstalt als Gefängnis Nr. 5 Strelitz der Abteilung Speziallager des NKWD in Deutschland
Mai 1945 bis Juli 1945 - Historie
Gebäudenutzung als NKWD-Gefängnis des sowjetischen Besatzungsmacht

Literatur

  • Bieg, Hans-Henning: Das Werdeholz oder die Wiederkehr der Bilder meiner Jugend [Manuskript], 1998
  • Prieß, Lutz: Das Gefängnis des NKWD Nr. 5 Strelitz, in: Sergej Mironenko u. a. (Hrsg.): Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950, Bd. I, Berlin 1998
  • Putzar, Arnulf H. K.: Im Schatten einer Zeit, Schwerin 1998

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016
 
  • Kategorie: Gedenkort
  • Historisch: Ja
  • Standort: Wilhelm-Stolte-Straße 1
  • Stadt: Neustrelitz
  • Gebiet: Mecklenburg-Vorpommern
  • Land: Deutschland