Jamlitz, Deutschland

Gedenkstätte Waldfriedhof und Dokumentationsstätte sowjetisches Speziallager Nr. 6 Jamlitz 1945–1947

 
Im September 1945 verlegte das sowjetische NKWD das Speziallager Nr. 6 aus dem östlich der Oder gelegenen Teil von Frankfurt (Oder), heute Słubice, nach Jamlitz, da das Gebiet östlich der Oder unter polnische Verwaltung kam. Dafür wurden die zurückgelassenen Baracken des Außenlagers Lieberose verwendet, welches von November 1943 bis Februar 1945 existierte. Die Überreste von 577 der etwa 1 200 Anfang Februar 1945 im Zusammenhang mit der Auflösung des Lagers ermordeten vor allem jüdischen Häftlinge dieses KZ-Außenlagers wurden 1971 in einem Massengrab in der Nähe des Dorfes Staakow gefunden. Bis Mitte Oktober 1945 kamen etwa 3 500 Häftlinge im Speziallager Jamlitz an. Zu ihnen gehörten Männer und Frauen, unter „Werwolf“-Verdacht festgenommene Jugendliche sowie vereinzelt auch Kinder. Sie waren wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Nähe zu den Nationalsozialisten und auf Grund von Denunziationen festgenommen worden. Auch ausgewiesene Gegner des Nationalsozialismus sperrte die sowjetische Geheimpolizei in Jamlitz ein; unter ihnen Männer des 20. Juli 1944 wie Justus Delbrück und Ulrich Freiherr von Sell. Im Lager waren aber auch Künstler, wie der Schauspieler Gustaf Gründgens, der wegen seiner Nähe zum NS-System verhaftet worden war. Bis zur Auflösung des Lagers im April 1947 durchliefen insgesamt 10 213 Gefangene das Speziallager Nr. 6 in Jamlitz. Mindestens 3 154 Insassen starben an den unmenschlichen Haftbedingungen. Im Frühjahr 1947 wurden über 300 Häftlinge in das Lager Ketschendorf gebracht und von dort in die Sowjetunion deportiert. Die restlichen Gefangenen wurden in andere Speziallager verlegt, etwa 2 200 nach Mühlberg und etwa 4 000 in das Speziallager Nr. 2 nach Buchenwald. Während für das KZ-Außenlager nach dem Leichenfund von 1971 im Nachbarort Lieberose ein Mahnmal errichtet wurde, blieb die Erinnerung an das Speziallager Nr. 6 in der DDR ein Tabu. Seit 1990 wird die Geschichte dieses Speziallagers erforscht und der Toten gedacht; vor allem durch die Initiativgruppe Internierungslager Jamlitz e.V., einem Zusammenschluss ehemaliger Häftlinge und ihrer Angehörigen. Die zum Teil nachgewiesenen Massengräber östlich sowie nahe der B 320 Richtung Guben wurden von der Gemeinde Schenkendöbern durch Gedenkzeichen und Gedenkzeichen gekennzeichnet. Am ehemaligen Lagereingang wurde 1993 ein Findling mit einer Inschrift aufgestellt. Bei Suchgrabungen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge nach 1990 wurden die Überreste von mehr als 30 Menschen gefunden, deren Asche jetzt in Urnen auf dem Friedhof von Jamlitz beigesetzt ist. Im September 1995 wurde am Ortsausgang Jamlitz in Richtung Guben nahe der B 320 unter großer öffentlicher Anteilnahme die „Gedenkstätte Waldfriedhof“ eingeweiht. 1999 beschlossen die Initiativgruppe Internierungslager Jamlitz e.V., die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Evangelische Kirchengemeinde Lieberose, am Ort der beiden Lager in Jamlitz einen Lern- und Gedenkort zu gestalten. In Trägerschaft der Evangelischen Kirchengemeinde Lieberose und des Landes wurde eine Dokumentations- und Begegnungsstätte mit Archiv eingerichtet. Zwei voneinander getrennte Freilichtausstellungen als Dokumentationsstätten im nördlichen Teil des Lagergeländes wurden am 22. Juni 2003 eröffnet. In diesem Zusammenhang wurde auch der Gedenkstein von 1990 an die Gedenkstätte Waldfriedhof umgesetzt. In der Gedenkstätte befindet sich ein weiterer Gedenkstein, über dem sich ein großes Holzkreuz erhebt.

Kontakt

Dokumentationsstätte DIE LAGER JAMLITZ
Kiefernweg
15868 Jamlitz

Inschriften

Inschrift des Findlings
(am ehemaligen Lagereingang)
Internierungs- / Lager / Jamlitz / 1945–1947
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift des Gedenksteins
(auf dem Friedhof von Jamlitz)
Zum Gedenken / der Opfer von Gewalt und Terror / Internierungslager Jamlitz / 1945–1947
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift des Gedenksteins
(unterhalb des Gedenkkreuzes)
Den Opfern / von Terror / und Gewalt / Internierungslager Jamlitz / 1945–1947
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch

Ereignisse

September 1995 - Einweihung
Einweihung Gedenkstätte Waldfriedhof und Dokumentationsstätte sowjetisches Speziallager Nr. 6 Jamlitz
September 1945 bis April 1947 - Historie
Sowjetisches Speziallager Nr. 6 Jamlitz

Literatur

  • Weigelt, Andreas: Umschulungslager existieren nicht. Zur Geschichte des sowjetischen Speziallagers Nr. 6 in Jamlitz 1945–1947, Berlin 2001

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016