Auf dem Städtischen Urnenfriedhof an der Seestraße im damaligen West-Berliner Bezirk Wedding wurden am 23. Juni 1953 acht Opfer des Aufstandes vom 17. Juni 1953 in Ost-Berlin, die in West-Berliner Krankenhäusern gestorben waren, beigesetzt. Stellvertretend für alle Opfer wurde ein Mahnmal errichtet. Die Trauerfeier fand mit 125 000 Teilnehmern vor dem Rathaus Schöneberg statt. Dort waren die Opfer aufgebahrt worden, bevor sie durch die von hundertausenden Berlinern gesäumten Straßen auf den Friedhof zur Beisetzung überführt wurden.
Bereits am 22. Juni 1953 hatte der Senat beschlossen, den durch den Großen Tiergarten führenden Straßenzug Charlottenburger Chaussee/ Berliner Straße vom Brandenburger Tor zum Ernst-Reuter-Platz zum Gedenken an die Opfer des Volksaufstands in „Straße des 17. Juni“ umzubenennen. Am 3. Juli 1953 erklärte der Deutsche Bundestag den 17. Juni als „Tag der Deutschen Einheit“ zum gesetzlichen Feiertag. Zum zehnten Jahrestag des Aufstandes im Jahr 1963 erhob ihn der Bundespräsident in den Rang eines nationalen Gedenktages, der bis 1990 alljährlich mit einem offiziellen Festakt im Reichstagsgebäude begangen wurde. 1990 wurde der 17. Juni durch den 3. Oktober ersetzt.
Das steinerne Mahnmal wurde vom Bildhauer Karl Wenke geschaffen und am 17. Juni 1955 an der Stirnseite der Grabanlage auf dem Friedhof an der Seestraße eingeweiht. Alljährlich finden auf dieser gesonderten Fläche des Städtischen Urnenfriedhofes offizielle Gedenkfeiern und Kranzniederlegungen der Bundesregierung und des Senats statt. Im Jahr 2010 wurde die Gedenkanlage um eine neue Informationstafel erweitert.
Inschriften
Inschrift auf dem Denkmal
(auf dem Städtischen Urnenfriedhof)
Den Opfern des 17. Juni 1953
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschriften der Grabsteine
(in zwei Reihen angeordnete Grabsteine vor dem Denkmal)
Horst Bernhagen / 16.3.1932 / 17.6.1953 // Willi Göttling / 14.4.1918 / 17.6.1953 // Edgar Krawetzke / 16.3.1933 / 18.6.1953 // Oskar Pohl / 3.11.1927 / 17.6.1953 // Gerhard Santura / 6.5.1934 / 17.6.1953 // Gerhard Schulze / 8.9.1911 / 18.6.1953 // Rudi Schwander / 3.8.1938 / 17.6.1953 // Werner Sendisitzky / 17.6.1937 / 17.6.1953
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift der Infromationstafel
(auf dem Städtischen Urnenfriedhof)
Im Juni 1953 kam es zu der ersten Massenerhebung / im Machtbereich der Sowjetunion. Sinkender Lebens- / standard und steigende Arbeitsnormen waren der / Anlass für eine weit verbreitete Unzufriedenheit. Am /
16. Juni 1953 protestierten zunächst die Bauarbeiter / an der Stalinallee. Am folgenden 17. Juni zeigten mehr / als eine Million Menschen in Ost-Berlin und in der / gesamten DDR mit Streiks und Demonstrationen / ihren Widerstand gegen politische Repression und / Willkürjustiz. Die Aufständischen forderten den Rück- / tritt der kommunistischen Regierung und freie Wahlen. / Nur der Einsatz sowjetischer Panzer und die Verhän- / gung des Ausnahmezustands konnten das von der / Sowjetunion ausgehaltene Regime der Sozialistischen / Einheitspartei Deutschlands retten. / Die landesweite Erhebung für politische Selbstbe- / stimmung wurde blutig niedergeschlagen. Es gab / mindestens fünfundfünfzig Tote. Weit mehr als ein- / tausend Aufständische wurden zu teils langjährigen / Haftstrafen verurteilt. / Auf diesem Friedhof richtete der Senat von Berlin / eine Grabanlage für die Berliner Opfer des / Volksaufstandes ein. Das Denkmal hat Karl Wenke / 1955 geschaffen. Die Seitenfelder sind seit 2005 ehe- / maligen Teilnehmern am 17. Juni 1953 vorbehalten. //
In June 1953, the first mass uprising in the Soviet /
sphere of influence occurred. Declining living stand- / ards and faster work norms provoked widespread / unrest. Protest started with a demonstration of /
construction workers in Stalinallee on 16 June 1953. / The next day, 17 June, more than one million people / in East Berlin and throughout East Germany went on / strike and demonstrated in protest against political / repression and arbitrary justice. / The protesters demanded the communist govern- / ment’s resignation and free elections. Only the / deployment of Soviet tanks and the imposition of a / state of emergency saved the Socialist Unity Party / regime, which was supported by the Soviet Union. / The countrywide uprising for political self-determi- / nation was bloodily suppressed. At least 55 people / were killed. Well over 1,000 protesters were given / long prison sentences. / In this cemetery, the Berlin Senate has built a / tomb for the Berlin victims of the popular uprising. / The tomb was designed by Karl Wenke in 1955. / Sinde 2005, fields at the side heve been reserved / for participants in the protests on 17 June 1953.
Sprache: Deutsch / Englisch, Schrift: Lateinisch
Ereignisse
17. Juni 1955 - Einweihung
Einweihung des steinernen Mahnmals auf dem Friedhof
23. Juni 1953 - Historie
Beisetzung von acht Opfern des Volksauftstandes
Literatur
- Berlin Handbuch. Lexikon, Berlin 1994
- Böhm,Tobias/Heimann, Siegfried/Maha, Andreas/Schiller, Dietmar: Studie zu den Ereignissen des 17. Juni 1953. Grundlage für die Errichtung eines Denkmals zur Würdigung der Opfer des Arbeiteraufstandes, Berlin 1995
- Ahrberg, Edda/Hertle, Hans-Hermann/Hollitzer, Tobias/Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Hrsg.): Die Toten des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953, Münster 2004
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016