Berlin, Deutschland

Gedenktafel für Robert Havemann

 
Der Chemiker Robert Havemann (1910–1982), ein Kommunist und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, wurde vor allem durch seine Rolle als DDR-Dissident und Vater der ostdeutschen Bürgerrechtsbewegung der 1980er Jahre bekannt. Die Nationalsozialisten verurteilten ihn wegen seiner Widerstandsarbeit zum Tode. Nur aufgrund seiner kriegswichtigen Forschungsarbeiten hat er im Zuchthaus Brandenburg überlebt. Seine Überzeugung vom sozialistischen Staat DDR – Havemann war zunächst überzeugter Stalinist – wandelte sich durch den Aufstand vom 17. Juni 1953 und die Entwicklungen in der Sowjetunion nach Stalins Tod. Angeregt durch den XX. Parteitag der KPdSU 1956 und Nikita Chruschtschows Abrechnung mit dem Personenkult um Stalin äußerte der Naturwissenschaftler mehrfach Kritik an den politischen Verhältnissen in der DDR und sprach sich gegen die Bevormundung der Wissenschaft aus. Robert Havemann wurde seit 1960 mit seinen Vorlesungen zu naturwissenschaftlichen Aspekten philosophischer Probleme zu einer Art Leitfigur für Studenten und junge Wissenschaftler. Im Wintersemester 1963/64 zählten seine Lehrveranstaltungen über 1 000 Hörer. Für die junge akademische Generation waren seine Ansichten ein intellektuelles Ventil gegen die politischen Verhältnisse in der DDR. Wegen seiner Kritik wurde Havemann 1964 aus der SED ausgeschlossen und durch die Humboldt-Universität fristlos gekündigt. Zwei Jahre später folgte der Ausschluss aus der Akademie der Wissenschaften. Zudem wurde er als korrespondierendes Mitglied der Akademie statutenwidrig gestrichen. Seither gab es für Havemann faktisch ein Berufsverbot. An seinem Wohnort Grünheide wurde er vom MfS permanent überwacht. Zwischen November 1976 und Mai 1978 stand er aufgrund seiner Kritik an der Ausbürgerung Wolf Biermanns unter Hausarrest. Anlässlich seines 90. Geburtstages am 11. März 2000 wurde am Gebäude des Institutes für Chemie der Humboldt-Universität auf gemeinsame Initiative der Robert-Havemann-Gesellschaft und der Universität eine Gedenktafel für Robert Havemann enthüllt. Am 19. Juni 2006 wurde Robert Havemann posthum gemeinsam mit vier weiteren Mitgliedern der Widerstandsgruppe „Europäische Union“ von der Israelischen Gedenkstätte YAD VASHEM mit dem Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichnet.

Inschriften

Inschrift der Gedenktafel
(am Gebäude des Institutes für Chemie der Humboldt-Universität)
Hier hielt im Wintersemester 1963/64 / Robert Havemann/ (11.3.1910–9.4.1982) / Professor für Physikalische Chemie / seine Vorlesung / ,Naturwissenschaftliche Aspekte / Philosophischer Probleme / (Dialektik ohne Dogma)‘. / Seine Forderung / nach Freiheit im Sozialismus / beantwortete die SED mit / fristloser Entlassung / aus der Humboldt-Universität / und Hausverbot.
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch

Literatur

  • Havemann, Katja/Widmann, Joachim: Robert Havemann oder wie die DDR sich erledigte, München 2003
  • Polzin, Arno: Der Wandel Robert Havemanns vom Inoffiziellen Mitarbeiter zum Dissidenten im Spiegel der MfS-Akten, Berlin 2005 (= BF informiert, H. 26/2005)

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016