Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Helmstedt in der britischen Besatzungszone unmittelbar an der Demarkationslinie zur sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Zwischen den Orten beiderseits der Grenze bestanden enge wirtschaftliche und soziale Beziehungen. Viele Betriebe lagen sowohl in der britischen als auch in der sowjetischen Zone, etwa die Offlebener Zuckerfabrik, deren Einzugsgebiet sich zu zwei Dritteln in der SBZ befand. Einige Arbeiter pendelten vom Westen in den Osten, ein größerer Teil der Arbeiter jedoch kam täglich vom Osten in den Westen, um beispielsweise im Tagebau der Braunschweiger Kohlebergwerke zu arbeiten. Auch wenn die Kontrollen an der Zonengrenze bzw. nach 1949 an der innerdeutschen Grenze schrittweise verschärft wurden, war es Arbeitspendlern noch bis 1952 möglich, mit Papieren legal die Grenze zu passieren. Dies änderte sich schlagartig mit dem Beschluss des Ministerrates der DDR vom 26. Mai 1952, die innerdeutsche Grenze zu schließen. Die Maßnahme wirkte sich nicht nur auf die Arbeiter, sondern auch auf viele Betriebe aus, die regelrecht geteilt wurden. Die Offlebener Zuckerfabrik musste nach 1952 schließen, weil der größte Teil der Rübenfelder nun nicht mehr zugänglich war. Besonders augenscheinlich wirkte sich die Grenzziehung auf das traditionelle Braunkohleabbaugebiet bei Helmstedt aus. Nach dem 26. Mai 1952 waren über die Hälfte der Kohlevorkommen im Abbaugebiet für die Förderung durch die Braunschweigischen Kohlebergwerke (BKB) nicht mehr erreichbar. Das Kraftwerk Harbke, eines der ältesten Braunkohlekraftwerke Deutschlands, lag auf DDR-Gebiet, wurde teilweise demontiert und konnte nach 1952 nicht mehr für die Stromversorgung des Westens eingesetzt werden. Die Stromleitung Harbke–Helmstedt wurde im Mai 1952 gekappt. Im Rahmen der Entspannungspolitik in den frühen 1970er Jahren gingen Bundesrepublik und DDR dazu über, bei der Kohleförderung zu kooperieren. 1974 gab es in Magdeburg erste Verhandlungen über die gemeinsame Nutzung des Braunkohlereviers Helmstedt/Harbke. Seit November 1975 baute die BKB wieder Kohle im Gebiet der DDR ab. Bis 1990 haben beide deutsche Staaten hier 15 Millionen Tonnen Kohle abgebaut.
Im Raum Helmstedt gelang mehreren Menschen die Flucht in den Westen, außerdem gab es eine unbekannte Zahl von Fluchtversuchen. Zu den spektakulärsten Fällen gehörte im Jahre 1969 die Flucht eines Ingenieurs des Kraftwerks Harbke mit seiner Familie. Die Familie passierte mit einer Kohlenlok eine Stelle, an der der Minengürtel durch Abraummaterial verschüttet war.
Helmstedt hatte eine ungewöhnliche Dichte von Grenzübergängen. Von den insgesamt sieben Eisenbahnlinien, drei Wasserstraßen und vier Straßen, die den Verkehr von West nach Ost ermöglichten, befanden sich vier im Raum Helmstedt. Im Norden befand sich eine Zollschiffstation bei Rühen, wo der Mittellandkanal die innerdeutsche Grenze überquerte. Bei Oebisfelde war der Bahngrenzübergang der Trasse Wolfsburg–Stendal. Auch Helmstedt hatte einen Bahngrenzübergang, der u. a. für die Verbindung Paris–Berlin genutzt wurde. Über den Autobahnübergang auf der A 2 Hannover–Berlin wurde ein großer Teil des Berlinverkehrs abgewickelt.
Der Marienborner Autobahnübergang wurde mit der zunehmenden Grenzsicherung zu einer komplizierten Festung ausgebaut. Die Reisenden mussten zur Abfertigung ein gestaffeltes System von Beobachtungstürmen und Sperranlagen durchfahren. Alle Vorgänge wurden überwacht und gefilmt. Helmstedt war sehr stark frequentiert: Bereits 1958 wurden am Autobahnübergang 10 000 bis 15 000 Personen täglich abgefertigt, im gesamten Jahr 1978 waren es neun Millionen. Besonders groß war der Andrang am Autobahnübergang Helmstedt–Marienborn nach der Grenzöffnung am 9. November 1989. Autofahrer nahmen für eine Stippvisite in den Westen bis zu neun Stunden Wartezeit in Kauf.
Die Idee, in Helmstedt ein Informationszentrum zur Deutschlandpolitik zu gründen, stammt noch aus den Jahren vor der Grenzöffnung. Das Zonengrenz-Museum, das vom Landkreis Helmstedt getragen wird, ist seit 1992 zugänglich und wurde am 24. Januar 1994 offiziell eröffnet. Die Dauerausstellung zeigt die Geschichte der innerdeutschen Grenze im Landkreis Helmstedt und deren Auswirkungen auf die Bewohner auf beiden Seiten der Grenze. Die Ausstellung umfasst fünf Abteilungen: Geschichte und Aufbau der Sperranlagen, Flucht, Wirtschaft und Verkehr, Grenzöffnung und „Grenzkunst“. Präsentiert werden Originalobjekte, Fotos, Modelle und Lebensbilder sowie Texttafeln. Darüber hinaus wird das Museumsprogramm durch Sonderausstellungen ergänzt.
Das Zonengrenz-Museum ist Mitglied im Verein „Grenzenlos – Wege zum Nachbarn“, ein Zusammenschluss mit dem Grenzdenkmal Hötensleben, der Gedenkstätte Deutsche Teilung und den von der Stadt Helmstedt ausgerichteten Universitätstagen.
Kontakt
Zonengrenz-Museum Helmstedt
Südertor 6
38350 Helmstedt
Literatur
- Kurzführer Zonengrenz-Museum Helmstedt, hrsg. vom Landkreis Helmstedt, Helmstedt 1998 (= Veröffentlichung der Kreismuseen Helmstedt, Bd. 2)
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016