Das ehemalige Tuol-Svay-Prey-Gymnasium in der 103. Straße der kambodschanischen Hauptstadt beherbergt seit der Niederwerfung des Terrorregimes der Roten Khmer 1979 das Tuol-Sleng-Genozid-Museum. Es befindet sich an dem Ort, an dem die Roten Khmer nach der Vertreibung der Stadtbevölkerung aufs Land 1975 das berüchtigte „Sicherheitsbüro 21“ („S21“) errichtet hatten. Der aus mehreren Gebäuden bestehende Komplex bildete das zentrale „Sicherheitsgefängnis“ der Roten Khmer. Hier wurden etwa 20 000 Menschen aus ganz Kambodscha, darunter auch ehemalige Mitglieder der Roten Khmer gefoltert und ermordet.
Unterstellt war das „S21“ dem Verteidigungsministerium unter der Führung von Son Sen. Dem Gefängniskomplex selbst waren zudem noch mehrere Haft- und Exekutionsstätten untergeordnet, darunter das Prey-Sar-Gefängnis („S24“) sowie Choeung Ek, eine Hinrichtungsstätte etwa 12 Kilometer südlich von Phnom Penh. Rund 1 700 Menschen zählten zum Gefängnispersonal. Nach der Übernahme des Schulgeländes durch die Roten Khmer wurde der gesamte Campus von einem elektrischen Stacheldrahtzaun eingefasst. Auch die einzelnen Verbindungsgänge zwischen den Gebäudetrakten sowie die Fenster der zu Gefängnis- und Folterzellen umfunktionierten Klassenräume wurden mit Stacheldraht umzäunt. Die Internierung erfolgte je nach Kategorie der Gefangenen in jeweils unterschiedlichen Gebäudeteilen. Ehemals hochrangige Mitglieder der Roten Khmer, die vom Regime als „Verräter“ gebrandmarkt wurden, kerkerte man in zwei Räumen im Erdgeschoss des Gebäudes A ein. In den Klassenzimmern der als B, C und D bezeichneten Gebäudeteile errichtete man winzige Isolationszellen mit 1,6 Quadratmetern Fläche. In den Obergeschossen befanden sich Massenarrestzellen für 40 bis 50 Internierte. Miteinander zu sprechen war den Gefangenen strengstens untersagt. Jede Bewegung der am Boden festgeketteten Häftlinge – auch das Aufstehen, Hinsetzen oder Umdrehen – bedurfte der Zustimmung des Wachpersonals. Die Nichteinhaltung der Regeln wurde mit Folter bestraft. An den Haupttrakt angrenzende Gebäude dienten der Gefängnisleitung zum Verhör und zur Folter der Inhaftierten. Wer die grausame Folter und menschenverachtenden Haftbedingungen überlebte, wurde nach den erzwungenen Geständnissen auf den „Killing Fields“ außerhalb der Stadt brutal hingerichtet. Häufig mussten die Gefangenen ihre eigenen Gräber ausheben. Nach dem Zusammenbruch des „Steinzeitkommunismus“ der Roten Khmer und der Befreiung Phnom Penhs durch vietnamesische Interventionstruppen Anfang 1979 konnten in Tuol Sleng nur noch zwölf Gefangene, darunter vier Kinder, der Hinrichtung entgehen. Die 14 aus weißem Stein errichteten Grabmäler im Innenhof der Anlage symbolisieren die letzten 14 ums Leben gekommenen Folteropfer des Gefängnisses, die auf dem Gelände von Tuol Sleng gefunden worden waren.
Die am historischen Ort zu besichtigende Dauerausstellung zeigt die von den Roten Khmer zu Gefängniszellen umfunktionierten Klassenräume des ehemaligen Tuol-Svay-Pray-Gymnasiums. Eingehend beleuchtet wird darin die Geschichte der Terrorherrschaft der Roten Khmer zwischen 1975 und 1979 sowie ganz besonders die im Tuol-Sleng-Gefängnis begangenen Verbrechen. Breiten Raum nimmt dabei die Darstellung Tausender Fotos der im „S21“ internierten Personen ein. Darüber hinaus sind im Museum die Gemälde des Tuol-Sleng-Überlebenden Vann Nath zu sehen, der in seinen Werken die menschenverachtenden Haftbedingungen und die Folter verarbeitet.
Kontakt
Tuol-Sleng-Genozid-Museum
St.113, Boeung Keng Kang III, Boeung Keng Kang
Phnom Penh
Ereignisse
1975 bis 1979 - Historie
Nutzung des Gebäudes als „Sicherheitsbüro 21“ („S21“)
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Museen und Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Diktaturen, Dresden 2018