Das Katyń-Denkmal im Zentrum von Baltimore an der Ostküste der Vereinigten Staaten ist mit 20 Metern Höhe das weltweit größte Denkmal für die Opfer des sowjetischen Massenmordes und wird als das »nationale Katyń-Memorial« der USA bezeichnet. Seine Errichtung geht auf den Major der US-Army Clement Knefel zurück, der über 15 Jahre in Eigeninitiative Mittel für ein Katyń-Denkmal gesammelt hatte. Ein von ihm 1989 in Baltimore gegründetes Komitee setzte die Spendenakquise weitere 12 Jahre lang fort. Die Gesamtkosten des im November 2000 eingeweihten Denkmals werden auf 1,5 Millionen Dollar beziffert, von denen 300 000 Dollar durch den US-Bundesstaat Maryland und die Stadtverwaltung von Baltimore zur Verfügung gestellt wurden.
Wie schon die Monumente in Doylestown und Jersey City wurde das Katyń-Denkmal in Baltimore von dem polnisch-amerikanischen Bildhauer Andrzej Pityński geschaffen. Es trägt den Titel »Flamme der Freiheit« (»Flame of Freedom«) und besteht aus einer 15 Meter hohen, vergoldeten Bronzeskulptur in Form einer Fackel, in die verschiedene Bronzestatuen von bedeutenden Persönlichkeiten der polnischen Nationalgeschichte integriert sind. Die Bronzeskulptur steht auf einem mehrstufigen, runden Sockel, in den ein Brunnen einbezogen ist. Der Brunnen hat einen Durchmesser von ca. 20 Metern. An seiner Rückseite ist die Inschrift »KATYŃ 1940« eingraviert. An der Vorderseite stehen dem Denkmal zehn Gedenktafeln auf niedrigen Sockeln gegenüber, deren mittlere gesondert steht und in herausgehobener Form über die Widmung des Denkmals informiert.
An der Basis der Flammenskulptur befindet sich an der Frontseite eine Gruppe von drei polnischen Offizieren, die in Katyń und andernorts ermordete Häftlinge der sowjetischen Kriegsgefangenenlager repräsentieren. Unter ihnen ist auch eine Soldatin. Mit ihr wird auf die einzige in Katyń ermordete Frau, Janina Lewandowska, verwiesen. Sie, die älteste Tochter des bekannten polnischen Generals Józef Dowbor-Muśnicki, hatte eine Ausbildung zur Fallschirmspringerin absolviert und war als Leutnant der Reserve der polnischen Luftwaffe in sowjetische Gefangenschaft geraten. Die vordere der drei Figuren reckt die gefesselten Hände über dem Kopf in die Höhe und deutet damit auf die weiter oben in die Flammenskulptur komponierten Bronzestatuen. Diese stellen den ersten polnischen König, Bolesław I., sowie den mittelalterlichen Ritter Zawisza Czarny, König Władysław von Warna, König Jan III. Sobieski in geflügelter Husarenuniform, den polnisch-amerikanischen Freiheitshelden Tadeusz Kościuszko und den polnischen Gründer der amerikanischen Kavallerie, Kazimierz Pulaski, dar. In dem Freiraum zwischen den Flammenzungen sind die Konturen eines sich erhebenden Adlers abgebildet, dessen Kopf mit einer Krone aus der mittleren Flamme herausgeschnitten ist. In ihrer Gesamtheit erinnert die Komposition, die von den Opfern von Katyń ausgeht und von dem gekrönten polnischen Adler zusammengehalten wird, an das Bild des sich aus der Asche erhebenden Phönix.
Die Bronzeskulptur wurde im polnischen Gliwice hergestellt und mit dem Schiff an die amerikanische Ostküste transportiert. Die Einweihung fand am 19. November 2000 in Anwesenheit hoher Vertreter der polnischen Regierung unter Leitung des Chefs der Kanzlei des Ministerpräsidenten sowie des diplomatischen Corps statt. Der Bürgermeister von Baltimore und die langjährige Vertreterin Marylands im US-Senat, die polnisch-stämmige Barbara Mikulski, hielten Festansprachen. Zuvor hatte der bereits bei der Grundsteinlegung 1996 anwesende Überlebende des NKWD-Lagers Koselsk und Priester, Zdzisław Peszkowski, Erde aus Katyń am Fuße des Denkmals vergraben.
Das Katyń-Komitee, das die Errichtung des Denkmals initiiert hatte, besteht als »National Katyń Memorial Foundation« weiter und widmet sich der historischen Bildungsarbeit zu diesem Thema.
Inschriften
Inschrift der Gedenktafeln
(an der Vorderseite gegenüber dem Denkmal)
Katyń remembered / When duty called – they
answered / when they refused the embrace
of Stalin – they died / now, we commend
them to the ages, / to be included amongst
history’s martyrs / In 1939, the Soviet Union
in league with Nazi Germany attacked /
Poland, taking into captivity thousands of
its defenders. / In 1940, after first being individually
interrogated for / potential political
reliability, more than 20 000 military / officers
were then, one by one, brutally murdered,
many / being buried in mass graves in Katyń
Forest near Smolensk, Russia. /
Despite overwhelming evidence that the
Soviets
committed the Katyń / Massacre,
they continued to deny the crime and to
blame
Germany. / The United States and Great Britain
essentially remained quiet /
about the issue until the Soviet Union
admitted guilt in 1989. No / one in the soviet
Union has ever been punished for
this atrocity. /
American Polonia and its friends dedicate
this monument as a / permanent tribute to
all mistreated prisoners-of-war, / with the
Katyń Forest Massacre serving as an extreme
example. /
All are remembered here in prayer and
reflection./
Jeżeli zapomnę o nich, Ty Boże w niebie zapomnij
o mnie. / Should I forget them, may
God in heaven forget me. / Adam Mickiewicz
Deutsche Übersetzung:
Zur Erinnerung an Katyń. Als die Pflicht
rief – antworteten sie. Als sie die Umarmung
Stalins ablehnten – starben sie. Nun übergeben
wir sie der Ewigkeit, damit sie sich einreihen
unter den Märtyrern der Geschichte.
1939 griff die Sowjetunion im Bündnis mit
Nazideutschland Polen an und nahm dabei tausende seiner Verteidiger in Gefangenschaft.
Nachdem sie nach ihrer politischen
Zuverlässigkeit befragt worden waren, wurden
1940 mehr als 20 000 Offiziere, Mann für
Mann, brutal ermordet und viele von ihnen
in Massengräbern im Wald von Katyń bei
Smolensk, Russland, begraben.
Trotz erdrückender Beweise dafür, dass die
Sowjets das Massaker von Katyń begangen
haben, hielten sie daran fest, das Verbrechen
zu leugnen und Deutschland verantwortlich
zu machen. Die Vereinigten Staaten und
Großbritannien schwiegen zu diesem Problem
bis die Sowjetunion im Jahre 1989 ihre
Schuld eingestand. Niemand in der Sowjetunion
wurde jemals für diese Grausamkeit
bestraft.
Die in Amerika lebenden Polen und ihre
Freunde bezeugen mit diesem Denkmal
ihren ewigen Respekt gegenüber allen misshandelten
Kriegsgefangenen. Das Massaker
im Wald von Katyń gilt dabei als ein extremes
Beispiel. Ihnen allen wird hier in Gebet
und Besinnung gedacht.
Wenn ich sie vergesse, so vergiss Du, Gott im
Himmel, mich. Adam Mickiewicz
Sprache: Polnisch / Englisch, Schrift: Lateinisch
Ereignisse
19. November 2000 - Einweihung
Feierliche Einweihung des Denkmals
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Erinnerungsorte für die Opfer von Katyn, Leipzig 2013