Seit Jahrhunderten durchschneidet eine politische Grenze das Grabfeld. Sie trennte im 19. und 20. Jahrhundert das bayerische Grabfeld zunächst von sächsischen Nachbargebieten, später von Thüringen. Nach 1945 wurde diese seit der Reichsgründung 1871 offene Grenze zu der nahezu unüberwindlichen „Zonengrenze“. Enge wirtschaftliche, kulturelle und persönliche Verbindungen gingen so verloren, die erst nach 1989 wiederaufgenommen werden konnten.
In den Jahren nach 1970 entstanden im bayerischen Grabfeld Informationsstellen, die über die innerdeutsche Grenze informieren sollten. Mit der Grenzöffnung verloren sie ihre Funktion. Aus den Resten einer solchen Informationsstelle entstand in Bad Königshofen das Unterfränkische Grenzmuseum des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld e.V., das seine Exponate 1992 im Untergerschoss des Kurzentrums Bad Königshofen unterbringen konnte. Wegen einer Gebäudesanierung musste das Museum im Oktober 2000 nach Schloss Wolzogen in Mühlfeld umziehen. Weil dort jedoch nur ein Teil der Exponate ausgestellt werden konnte, entstand die Idee, ein neuartiges Museum zur fränkisch-thüringischen Grenzregion im Bereich des Grabfeldes einzurichten.
Unter dem Titel „Museum für Grenzgänger – Nachbarn im Grabfeld“ wurde das neue Museum am 17. Juni 2006 eröffnet. Auf zwei Stockwerken widmet sich das Museum dem Leben an und mit einer Grenze, die zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich durchlässig war. Im Erdgeschoss wird die Zeit vor 1945 behandelt, in der enge nachbarschaftliche Beziehungen sowie ein gemeinsamer Dialekt- und Wirtschaftraum bestanden. Das Obergeschoss greift die Zeit zwischen 1945 und 1989 auf, als Grenzübertritte lebensgefährlich. Die Ausstellung stellt einzelne Personen – „Grenzgänger“ – vor, die in ihrem Berufs- oder Privatleben die bayerisch-sächsische bzw. -thüringische Grenze überschritten. Ihre Erfahrungen führen hin zu den verschiedenen Themenbereichen der Ausstellung, wie beispielsweise der Geldverkehr im 19. Jahrhundert, Handel, dem Schmuggel, Schmuggel, „Republikflucht“ und das Entstehen neuer Wirtschaftsbeziehungen am Ende des 20. Jahrhunderts. Die persönlichen Schicksale sollen die konkreten Lebensdebingungen an der Grenze erfahrbar machen.
Zum Museum gehört im Außenbereich ein Skulpturenpark zur 40-jährigen Geschichte der Teilung sowie sanierte Überreste der Original-Grenzanlagen und des Grenzüberganges nahe Mellreichstadt.
Kontakt
Museum für Grenzgänger - Nachbarn im Grabfeld
Martin-Reinhard-Straße 9
97631 Bad Königshofen im Grabfeld
Literatur
- Auf einen Blick. Leitfaden zur Geschichtsaufarbeitung nach 1945 in Thüringen, hrsg. von der Thüringischen Staatskanzlei und der Geschichtswerkstatt Jena, Weimar 2000
- Schätzlein, Gerhard/Rösch, Bärbel/Albert, Reinhold: Grenzerfahrungen Bayern–Thüringen 1945–1971, Hildburghausen 2001
- Friedrich, Hans: Als Zaun und Minen Menschen trennten, 40 Jahre deutsch-deutsche Teilung am Beispiel der unterfränkischen Grenze, Video 45 Minuten, Bad Königshofen o. J
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016