Halbe, Deutschland

Grabanlage und Gedenkstein für die Opfer des Speziallagers Ketschendorf

 
In Halbe, 40 Kilometer südöstlich von Berlin, befindet sich eine der größten deutschen Kriegsgräberstätten des Zweiten Weltkrieges. Mit der Anlage des Waldfriedhofs wurde im September 1951 begonnen. Bis dahin waren die notdürftigen Gräber der Menschen, die in der letzten Kesselschlacht um Berlin im April 1945 umgekommen waren, über Gärten, Straßenränder und Felder in der Umgebung Halbes verteilt. Neben Angehörigen der deutschen Wehrmacht, der Waffen-SS und anderer militärischer Formationen liegen auf dem Waldfriedhof unzählige Flüchtlinge und Zivilisten, die in die Kämpfe der letzten Kriegswochen geraten waren. Zu den mehr als 22 000 Toten, die hier begraben wurden, gehören auch von der Wehrmachtsjustiz als „Wehrkraftzersetzer“ und Deserteure verurteilte und hingerichtete Soldaten sowie ukrainische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die während der Kriegsjahre in den umliegenden Gemeinden gearbeitet und an den Folgen von Hunger und Entkräftung starben. Auf den Grabfeldern IX bis XI des Zentralwaldfriedhofes Halbe wurden etwa 4 500 Frauen und Männer begrabe, die im sowjetischen Speziallager Ketschendorf zwischen 1945 und 1947 ihr Leben ließen. Bei Ausschachtungsarbeiten für den Bau von Wohnhäusern in der Reifenwerkssiedlung wurden 1952/53 die Massengräber der Toten des Lagers Ketschendorf gefunden. Sie wurden exhumiert. Dank des Engagements des Ortspfarrers Ernst Teichmann, der die Schaffung des Waldfriedhofes in Halbe initiierte, fanden die namenlosen Opfer des Speziallagers Nr. 5 in Sammelgräbern ihre letzte Ruhestätte. Sie wurden in der DDR als Opfer der letzten Kriegstage ausgegeben. Im März 1990 gründeten Überlebende des Lagers die Initiativgruppe Internierungslager Ketschendorf e.V. Sie organisiert seitdem jährliche Gedenkfeiern am Totensonntag. 1991 wurde mit Unterstützung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (VDK) ein Gedenkstein mit einer Bronzeplatte eingeweiht, auf der die bis dahin verschwiegene Herkunft der Toten angegeben ist. Nach der Freigabe russischer Akten an das Deutsche Rote Kreuz konnten die Anzahl und die Namen der im Lager Ketschendorf Internierten identifiziert und eine Liste der Verstorbenen erstellt werden. Der VDK ließ Steintafeln mit den Namen von 4 620 Toten anfertigen und auf dem Grabfeld IX des Waldfriedhofs Halbe niederlegen. Am 8. Mai 2004 wurden diese 49 Steintafeln feierlich eingeweiht. Seit dem 10. April 2015 erinnert die Freiluftausstellung „Kessel von Halbe“ an die verheerende Schlacht kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges. 16 Text- und Bildtafeln im Ortskern und vor dem Friedhof informieren auf Deutsch und in Englisch über die Kämpfe und Opfer sowie über die Rolle Halbes im Nationalsozialismus und den Umgang mit der Vergangenheit.

Inschriften

Inschrift der Bronzeplatte auf dem Gedenkstein
In 26 Sammelgräbern ruhen hier / Opfer des Internierungslagers / Ketschendorf 1945–1947 / (NKWD-Lager Nr. 5) / Nach Exhumierung umgebettet 1952 / unvergessen
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch

Ereignisse

10. April 2015 - Eröffnung
Eröffnung der Freiluftausstellung „Kessel von Halbe“
8. Mai 2004 - Einweihung
Einweihung der 49 Steintafeln
1991 - Einweihung
Einweihung des Gedenksteins für die Opfer des Speziallagers Ketschendorf

Literatur

  • Die Toten des Internierungslagers Ketschendorf haben ihre Namen zurück, in: Märkischer Sonntag, 9.5.2004, S. 7

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016