Glienicke/Nordbahn, Deutschland

Gedenktafel zur Erinnerung an den Herbst 1989

 
Am Eingangsportal der Evangelischen Dorfkirche erinnert seit 2009 eine gläserne Gedenktafel an die Ereignisse des Herbstes 1989 im Ort. Wie in zahlreichen anderen Städten der DDR, bot die evangelische Kirche auch in Glienicke einen geschützten Raum der Zusammenkunft und des Informationsaustausches, in dem sich eine demokratische Oppositionsbewegung herausbilden konnte. Am 17. September 1989 versammelten sich nach einem Gottesdienst zum ersten Mal spontan Glienicker Bürger im Gemeinderaum der Evangelischen Dorfkirche. Waren bei diesem ersten Gesprächsabend noch etwa zehn bis 20 Personen anwesend, so wuchs die Zahl der Teilnehmer innerhalb weniger Wochen – trotz massiver Einschüchterung durch die Staatssicherheit – auf über 100 Menschen an. Bei einem Treffen am 2. Oktober einigte sich die Bürgerbewegung auf den Namen „Konziliarer Gesprächskreis“, in Anlehnung an die ökumenische Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Zum Treffen am 10. Oktober erschienen schließlich so viele Menschen, dass der Gesprächskreis erstmals direkt in der Kirche abgehalten wurde. Die auch in Glienicke immer lauter werdenden Forderungen nach Dialog, erwirkten – noch vor der Massendemonstration am 4. November in Berlin – bereits am 30. Oktober eine erste öffentliche Aussprache im örtlichen Kulturhaus. Drei Tage später, am 2. November 1989, stellten Mitglieder des Konziliaren Gesprächskreises bei einem Treffen mit Vertretern des Staatsapparats schließlich einen konkreten Forderungskatalog vor. Darin verlangten sie nicht zuletzt „die Anerkennung der Bürgerbewegung als gesellschaftliche Kraft und damit als gleichberechtigte Partner bei der Lösung von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben im Ort“, die „Abschaffung der Staatssicherheit“ sowie „Neuwahlen im Jahr 1990“. Auch nach dem Fall der Berliner Mauer fanden die Treffen des Konziliaren Gesprächskreis weiterhin wöchentlich statt. Als am Abend des 5. Dezember bekannt wurde, dass in der nahe gelegenen Dienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit in der Schönfließer Straße in großem Umfang Akten beseitigt werden, begaben sich die Mitglieder des Gesprächskreises von der Evangelischen Dorfkirche aus direkt dorthin. Dank ihres beherzten Eingreifens konnten zahlreiche Unterlagen vor der Vernichtung bewahrt werden.

Inschriften

Inschrift der Gedenktafel
(am Eingang der Evangelischen Dorfkirche)
„Zur Freiheit / hat uns Christus befreit. / So steht nun fest / und lasst euch nicht wieder / das Joch der Knechtschaft auflegen.“ / Galater 5:1 // 1989// Diese Kirche war im Herbst 1989 / einer der Orte, von denen die / friedliche Revolution in der DDR / ihren Ausgang nahm. Vom / 17. September an versammelten / sich hier Glienicker Bürger und / traten mit der Forderung nach / einer demokratischen Umgestaltung / des politischen Systems an die / Öffentlichkeit. Von dieser Kirche / aus zogen Frauen und Männer am / Abend des 5. Dezember 1989 zur / Schönfließer Straße und besetzten / dort eine Dienststelle des / Ministeriums für Staatssicherheit, / um die Vernichtung von Akten / zu verhindern.
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch

Ereignisse

2009 - Einweihung
Einweihung der Gedenktafel zur Erinnerung an den Herbst 1989

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns an die Friedliche Revolution, Berlin 2024