Leipzig, Deutschland

Gedenktafel für Georg-Siegfried Schmutzler

 
Ernst Georg-Siegfried Schmutzler (1915–2003) war von 1954 bis 1957 Pfarrer der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde St. Petri in Leipzig sowie Studentenpfarrer der Evangelischen Studentengemeinde (ESG) Leipzig. In dieser Funktion äußerte er sich immer wieder kritisch gegenüber der herrschenden Ideologie und dem wachsenden militanten Atheismus, den er mit dem „Kirchenkampf“ der Nazis verglich. Dennoch stellte sich Schmutzler gegen den in Kirchenkreisen weit verbreiteten Antikommunismus und vertrat durchaus marxistische Thesen. Als eine Versammlung von Theologiestudenten 1956 Meinungsfreiheit forderte, wurde Siegfried Schmutzler von der SED-Parteileitung schnell als Sündenbock ausgemacht. Der Bezirksvorsitzende zitierte ihn zur „persönlichen Aussprache“, die eher einem Verhör glich, und forderte ihn auf, künftig jede „staatsfeindliche“ Äußerungen zu unterlassen. Bei einer Veranstaltung von Schmutzler im Jahr 1957 zum Thema „Der christliche Glaube – Opium oder Vitamin“ kam es dann zu Ausschreitungen. Die Staatssicherheit hatte offensichtlich Störer geschickt, um für Unruhe zu sorgen. Obwohl Schmutzler daraufhin den Hinweis erhielt, das Land zu verlassen, um einer drohenden Verhaftung zu entgehen, blieb der Pfarrer in der DDR. Er fürchtete, seine Wirkungsmöglichkeit zu verlieren, sollte er sich für eine Flucht entscheiden. Am Abend des 5. April 1957 wurde Siegfried Schmutzler in seiner Wohnung in der Alfred-Kästner-Straße 11, dem Sitz der ESG, von MfS-Mitarbeitern festgenommen und ins Stasi-Untersuchungsgefängnis verbracht, wo er mehrere Monate hindurch fast täglich verhört wurde. Der Vorwurf gegen ihn lautete „Boykotthetze im Dienste der Nato“. Im November 1957 wurde er zu fünf Jahren Haft verurteilt. Bis zu seiner Entlassung im Februar 1961 war er in Torgau inhaftiert. Danach arbeitete er bis zu seinem Ruhestand 1981 als Pfarrer in der Jakobikirche in Dresden. 1991 – Schmutzler lebte bereits seit zehn Jahren in Berlin – wurde er politisch rehabilitiert. Die Ratsversammlung der Stadt Leipzig beschloss 1997, Schmutzler die Ehrenmedaille der Stadt zu verleihen. Im November 2004 wurde zudem eine neu angelegte Straße im Leipziger Stadtteil Gohlis-Süd mit dem Namen „Schmutzlerstraße“ bedacht. Das Haus, in dem die Evangelische Studentengemeinde seit über 60 Jahren residierte, wurde nach seiner Renovierung 2011 in „Georg-Siegfried-Schmutzler-Haus“ umbenannt. Dort erinnert auch eine Gedenktafel an die bewegte Geschichte des namensgebenden Pfarrers.

Inschriften

Inschrift der Gedenktafel
(Alfred-Kästner-Straße 11)
In Erinnerung an Dr. Georg-Siegfried Schmutzler, der von / 1954 bis 1957 in diesem Haus als Pfarrer der Evangelischen / Studentengemeinde Leipzig lebte und wirkte. Auf Grund / seines christlichen und demokratischen Engagements / wurde er 1957 verhaftet und in einem Schauprozess durch / die DDR-Justiz zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Er saß / bis 1961 in Haft. Nach seiner Rehabilitation 1991 erhielt er / 1996 das Bundesverdienstkreuz.
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch

Ereignisse

2011 - Einweihung
Einweihung der Gedenktafel für Georg-Siegfried Schmutzler
1954 bis 1957 - Historie
Wohnort von Georg-Siegfried Schmutzler in der Alfred-Kästner-Straße 11

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016