Das Gebäude, in dem das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in Leipzig seine Untersuchungshaftanstalt (UHA) unterhielt, wurde von Hugo Licht entworfen und 1880 erbaut. Die UHA lag im Justiz- und Gefängniskomplex zwischen Dimitroff-, Harkort- und Beethovenstraße sowie Petersteinweg und war über einen Zugang direkt mit dem Revier der Volkspolizei (VP) verbunden. Dieser Umstand wurde von der Staatssicherheit genutzt, Verdächtige „zur Klärung eines Sachverhalts“ bei der Volkspolizei vorzuladen und von dort aus ohne Umweg der Stasi-Untersuchungshaftanstalt zuzuführen. In der UHA herrschten verschärfte Haftbedingungen. Freigang war nur in kleinen Boxen möglich. Die Gefangenen wurden nur mit ihrer Nummer angesprochen, konnten nicht arbeiten, hatten tagsüber Liegeverbot und durften abends nicht lesen. 98 Untersuchungshäftlinge und 22 Strafgefangene konnte die UHA aufnehmen. Dafür existierten 41 Doppelzellen, vier Viererzellen, zwei Durchsuchungszellen sowie eine Isolierzelle. Wer als politischer Gefangener vor seiner Verurteilung in einer UHA des MfS einsaß, war für die Außenwelt regelrecht verschwunden. Auch engste Verwandte wussten oft lange nichts über den Verbleib der Inhaftierten.
In den 1990er Jahren wurde das Gebäude restauriert und außen weitgehend in den Zustand seiner Erbauung zurückversetzt. Seit 1997 wird es als Polizeigewahrsam genutzt. Der originalgetreue Nachbau einer Zelle der UHA kann heute in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ besichtigt werden.
Auf Initiative des Bundes der Stalinistisch Verfolgten e.V. (BSV) in Sachsen wurde am 24. Februar 1994 gemeinsam mit dem Oberbürgermeister der Stadt Leipzig und dem Stadtpräsidenten am Gebäude der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt eine Gedenktafel eingeweiht.
Das Teilstück der Beethovenstraße vor der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des MfS wurde 2003 anlässlich des 50. Jahrestages des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 in „Straße des 17. Juni“ umbenannt. Hier versuchten die Aufständischen 1953, die Gefangenen zu befreien. Dabei gab es auch das erste Leipziger Todesopfer: Der 19-jährige Dieter Teich wurde noch vor der Verhängung des Ausnahmezustandes vermutlich von einem Volkspolizisten erschossen.
Inschriften
Inschrift der Gedenktafel
(am Gebäude der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt)
Im Gedenken / Den Opfern der Gewalt-/ herrschaft / 1933 – 1945 und 1945 – 1989 / Bürger der Stadt Leipzig
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Literatur
- Ehemalige Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Broschüre des LStU, zusammengestellt von Johannes Beleites, Berlin 2000
- Ahrberg, Edda/Hertle, Hans-Hermann/Hollitzer, Tobias/Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Hrsg.): Die Toten des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953, Münster 2004
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016