Als zum Kriegsende die Rote Armee große Teile Mecklenburgs besetzte, folgten ihr der sowjetischen Geheimpolizei NKWD unterstellte Operativeinheiten, die in den besetzten Territorien „feindliche Elemente“ aufspüren sollten. Für die Unterbringung der Inhaftierten wurden Gefängnisse genutzt, Lager eingerichtet und Arresträume in Kellern geschaffen. In Parchim richtete die NKWD-Dienststelle ihren Sitz im Doppelgebäude Schweriner Straße 3/4 ein, das mit seinen Kellerräumen zwischen 1945 und 1948 auch als Verhör- und Haftstätte diente.
In der Anfangszeit inhaftierte der sowjetische Geheimdienst vor allem Funktionsträger des NS-Staates, wie Bürgermeister, Ortsgruppenleiter, Ortsbauernführer, Polizisten, Parteifunktionäre, Mitglieder der Hitler-Jugend und sonstige von ihnen als feindlich eingestufte Personen. Später fanden sich unter den Gefangenen immer mehr Gegner der Politik von Besatzungsmacht und KPD/SED in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Die Verhaftungspraxis war durch große Willkür geprägt. Viele Jugendliche wurden unter dem Vorwurf eingesperrt, für den „Werwolf“, eine NS-Untergrundorganisation am Ende des Zweiten Weltkrieges, tätig gewesen zu sein. Häufig veranlassten Denunziationen die Verhaftung unliebsamer Personen. Die Verhöre wurden nicht selten mit großer Brutalität geführt, um Zeugenaussagen zu erpressen.
Die Bedingungen im NKWD-Gefängnis Parchim waren katastrophal. Mangelhafte Verpflegung, keine medizinische Betreuung und schlechte hygienische Bedingungen bestimmten den Alltag. Die Häftlinge wurden brutalen Verhören unterzogen, teilweise zu falschen Geständnissen gezwungen und blieben von der Außenwelt vollständig isoliert. Teilweise waren die Kellerräume in Parchim mit zehn bis zwölf Häftlingen belegt. Im Keller gab es Dunkelzellen für Einzelhaft. Viele Häftlinge aus dem NKWD-Gefängnis Parchim kamen in das Gefängnis Nr. 5 in Alt-Strelitz oder das Speziallager Nr. 9 in Fünfeichen.
Am 17. Juni 1993 wurde an dem Gebäude eine Gedenktafel für die Opfer der stalinistisch-kommunistischen Diktatur angebracht.
Inschriften
Inschrift der Gedenktafel
(am ehemaligen Gebäude des NKWD-Gefängnisses)
In diesem Haus wurden / in der Zeit von / 1945–1948 / Opfer der stalinistisch- / kommunistischen Unrechts- / diktatur gefangen gehalten / und gefoltert
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Ereignisse
17. Juni 1993 - Einweihung
Gedenktafel für die Opfer der stalinistisch-kommunistischen Diktatur
1945 bis 1948 - Historie
Nutzung des Gebäudes durch die NKWD-Diensstelle in Parchim
Literatur
- Giese, Friedrich: Leben in dieser Zeit, Flensburg 1970
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016