Eisenberg, Deutschland
Gedenktafel für den „Eisenberger Kreis“
Der „Eisenberger Kreis“ war in den 1950er Jahren eine der am besten organisierten geheimen Widerstandsgruppen gegen die SED-Herrschaft an einer Ober- bzw. Hochschule. Auslöser für die Gründung des Widerstandskreises waren Ereignisse an der Eisenberger Oberschule in den Jahren 1952 und 1953. Mehrere Lehrer waren durch SED-treue Pädagogen ersetzt sowie Schüler aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Jungen Gemeinde aus der FDJ und von der Oberschule ausgeschlossen worden. Einige Schüler diskutierten mögliche Gegenmaßnahmen. Nach dem Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 beschlossen mehrere von ihnen die Gründung einer politischen Gruppe. Sie wollten Fälle politischer Willkür registrieren und veröffentlichen. Lehrlinge, Schüler, Studenten fanden sich in der Thüringer Kleinstadt zusammen und etablierten sich später auch als Gruppe an der Universität in Jena. Bis 1958 unternahmen sie zahlreiche Widerstandsaktionen, hielten Kontakte in die Bundesrepublik, produzierten Flugblätter, schmuggelten verbotene Literatur und führten Sabotageakte durch. Symbolhaft strichen sie auf Mauern rote Sowjetsterne mit schwarzer Farbe durch. Aus Protest gegen die Gründung der NVA verübte die Gruppe am 21. Januar 1956 einen Brandanschlag auf einen Schießstand der Kasernierten Volkspolizei, der Vorgängerin der Nationalen Volksarmee (NVA).
Auch wenn der Kreis ein weites politisches Spektrum umfasste, einte ihn nicht nur die Gegnerschaft zur kommunistischen Diktatur. Die Mitglieder forderten Freiheit und die Einheit Deutschlands, freie Wahlen, ein Mehrparteiensystem, Presse- und Koalitionsfreiheit, freie Reisemöglichkeiten, die Abschaffung der Staatssicherheit, die Freilassung der politischen Gefangenen, Rückgabe von Betrieben und Ländereien an ihre früheren Eigentümer, die Abschaffung des staatlichen Handelsmonopols und den Austritt der DDR aus dem Warschauer Pakt. Das Ministerium für Staatssicherheit beobachtete die Gruppe und nahm am 13. Februar 1958 den Kopf des Kreises, Thomas Ammer, fest. In der Folgezeit wurden weitere Mitglieder verhaftet. Im September und Oktober 1958 wurden in vier Prozessen insgesamt 24 Personen angeklagt und verurteilt. Die drei Hauptangeklagten erhielten Haftstrafen von 14 bzw. 15 Jahren.
Im der Reihe „Historischer Stadtrundgang“ erinnert eine Gedenktafel am Gymnasium in Eisenberg an den Widerstandskreis.
Inschriften
Inschrift der Gedenktafel
(am Gymnasium in Eisenberg)
Eisenberger Kreis / Schüler dieser Oberschule und Lehr- / linge aus Eisenberg schlossen sich / 1952 zu einer Widerstandsgruppe / zusammen, die als „Eisenberger Kreis“ / bekannt wurde. / Die Gruppe existierte bis 1958 in / Eisenberg und Jena und machte mit / verschiedenen Aktionen auf die / kommunistische Diktatur aufmerksam. / Im September und Oktober 1958 / wurden 24 Mitstreiter der Gruppe / in Gera zu insgesamt 114 Jahren / Haft verurteilt.
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Literatur
- Fricke, Karl Wilhelm/Steinbach, Peter/Tuchel, Johannes (Hrsg.): Opposition und Widerstand in der DDR. Politische Lebensbilder, München 2002
- Zur Mühlen, Patrik von: Der „Eisenberger Kreis“. Jugendwiderstand und Verfolgung in der DDR 1953–1958, Bonn 1995
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016
- Kategorie: Gedenkort
- Historisch: Unbekannt
- Standort: Friedrich-Schiller-Gymnasium, Friedrich-Schiller-Straße 1
- Stadt: Eisenberg
- Gebiet: Thüringen
- Land: Deutschland

