Nach Ende des Zweiten Weltkrieges richtete die sowjetische Geheimpolizei NKWD überall im sowjetischen Besatzungsgebiet seine Dienststellen ein und inhaftierte Menschen vielfach willkürlich aufgrund von Denunziationen. Im sächsischen Borna wurden ab September 1945 Einwohner zu „einer kurzer Befragung“ in die neu eingerichtete NKWD-Zentrale geholt, dort verhört und gefangen gehalten. Danach verschwanden sie ohne Urteil in sowjetischen Speziallagern, wie beispielsweise in Mühlberg an der Elbe. Die Bornaer waren die ersten Häftlinge in Mühlberg. Es handelte sich vor allem um Männer zwischen 45 und 55 Jahren. Aber auch Frauen sowie Jugendliche ab 15 Jahren traf dieses Schicksal. Wie viele von ihnen im sowjetischen Speziallager starben, ist unklar. Nach 1990 wurden 100 Biographien von Opfern recherchiert, die über die NKWD-Zentrale in Borna nach Mühlberg kamen. Daraus entstand eine Ausstellung, die 1998 eröffnet wurde. Siegfried Naß schlug vor, mehrere Gedenktafeln in der Stadt anzubringen. Nach langwierigen Abstimmungsprozessen mit zahlreichen Institutionen konnten schließlich im Juni 2005 die Tafeln für die Opfer des NKWD sowie für zwei jüdische Familien aus Borna, die von den Nationalsozialisten getötet worden waren, eingeweiht werden. Die Tafel am Amtsgericht trägt eine Inschrift.
Inschriften
Inschrift der Gedenktafel
(am Amtsgericht)
Hinter dieser Mauer befand sich ab / Sommer 1945 der Sitz der sowjetischen / NKWD-Zentrale des Kreises Borna. / Hier fanden Verhöre und Folterungen statt / und hier befanden sich die Gefangenen- / zellen. Im Spätherbst 1945 wurden von / diesem Hof über 100 Menschen in das / Speziallager Mühlberg/Elbe / abtransportiert – ohne Urteil, ohne Nach- / richt an die Angehörigen – in völlige / Isolierung. / Viele sahen ihrer Heimat nie wieder. / Stadt Borna
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Ereignisse
Juni 2005 - Eröffnung
Übergabe der Gedenktafel an die Öffentlichkeit
Literatur
- Grzelak, Anett/Naß, Hannelore: Verschollen in der Heimat. Bornaer Bürger in den Lagern des NKWD, Borna 1999
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016