Bitterfeld, Deutschland

Gedenkstein für die Verfolgten und Opfer des 17. Juni 1953

 
Der DDR-Bezirk Halle gehörte zu den Schwerpunktregionen der Streikbewegung während des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953. In allen 22 Kreisen sowie der Bezirksstadt selbst gab es am 17. Juni 1953 Demonstrationen, Arbeitsniederlegungen bzw. größere Unruhen, darunter vor allem in den Industriestandorten Leuna, Bitterfeld, Wolfen, Weißenfels sowie Quedlinburg und Köthen. In der Industrieregion Bitterfeld-Wolfen entwickelte sich die Erhebung neben Görlitz am weitesten hin zu einem bewusst und überregional geführten politischen Aufstand gegen das SED-Regime. In Wolfen und Bitterfeld beteiligten sich sämtliche Großbetriebe und fast alle mittleren und kleineren Betriebe an der Streikbewegung. Etwa 12 000 Arbeiter der Agfa-Filmbetriebe Wolfen und anderer Betriebe begannen vormittags einen Marsch nach Bitterfeld. Am späten Vormittag kam es auf dem Platz der Jugend in Bitterfeld zu einer Großkundgebung mit etwa 50 000 Menschen; Bitterfeld zählte zu dieser Zeit ca. 32 000 Einwohner. Für den Kreis Bitterfeld konstituierte sich ein Streikkomitee, das sich aus 25 Vertretern einzelner Betriebsleitungen zusammensetzte. Paul Othma formulierte die politischen Forderungen der Menschen und mahnte zur Besonnenheit. Wilhelm Fiebelkorn, ebenfalls Mitglied der Streikleitung, verlas ein Telegramm an die „Regierung der Deutschen Demokratischen Republik“. Gefordert wurden u. a. der „sofortige Rücktritt der Regierung, die durch Wahlmanöver an die Macht gekommen ist“ sowie „freie, demokratische, geheime und direkte Wahlen in vier Monaten“. Nach der Kundgebung besetzten die Demonstranten alle wichtigen Gebäude Bitterfelds, darunter das Rathaus, den Rat des Kreises, die SED-Kreisleitung, die MfS-Kreisdienststelle und das Gefängnis. Auch in Bitterfeld zogen die Panzer der Roten Armee ein und der Aufstand wurde niedergeschlagen. Einige Streikführer, darunter Wilhelm Fiebelkorn, flüchteten in den Westen; andere, wie Paul Othma, wurden vom MfS verhaftet. Das Bezirksgericht Halle verurteilte ihn Ende Oktober 1953 zu zwölf Jahren Zuchthaus. Anlässlich des 50. Jahrestages des Volksaufstandes errichtete am 17. Juni 2003 die Stadt Bitterfeld auf dem Robert-Schumann-Platz, dem damaligen Platz der Jugend und Ort der Großdemonstration, einen Gedenkstein mit einer Bronzetafel.

Inschriften

Inschrift des Gedenksteins
(auf dem Robert-Schumann-Platz)
Den / Teilnehmern, / Verfolgten / und Opfern / des Aufstandes / vom / 17. Juni 1953
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch

Literatur

  • Kowalczuk, Ilko-Sascha: 17.6.1953: Volksaufstand in der DDR. Ursachen – Abläufe – Folgen, Bremen 2003
  • Wahl, Stefanie/Wagner, Paul Werner (Hrsg.): Der Bitterfelder Aufstand. Der 17. Juni 1953 und die Deutschlandpolitik, Leipzig 2003

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016
 
  • Kategorie: Gedenkort
  • Historisch: Ja
  • Standort: Robert-Schumann-Platz
  • Stadt: Bitterfeld
  • Gebiet: Sachsen-Anhalt
  • Land: Deutschland