Berlin, Deutschland
Gedenkstein für den unbekannten Flüchtling
Der 25-jährige Udo Düllick war eines der ersten Maueropfer. Der Reichsbahn-Ingenieur aus Werder hatte am Abend des 5. Oktober 1961 versucht, schwimmend nach West-Berlin zu gelangen und war kurz vor Erreichen des West-Berliner Ufers unweit der Oberbaumbrücke in der Spree ertrunken. 2 500 West-Berliner kamen zu seiner Beerdigung, die im Radio live übertragen wurde. Da Düllick keine Papiere bei sich hatte, galt er zunächst als unbekannter Flüchtling. Das Bezirksamt Kreuzberg errichtete ein Holzkreuz zum Gedenken an den unbekannten Toten, dessen Identität später aus Rücksicht auf die Angehörige in der DDR verschwiegen wurde. Daher war die Inschrift des Gedenksteins, der seit dem 14. November 1961 an dieses Ereignis erinnerte, "dem unbekannten Flüchtling" gewidmet.
Der Gedenkort am Gröbenufer (heute: May-Ayim-Ufer) wurde im Laufe der Zeit immer wieder umgestaltet. In den 1980er Jahren wurde der Ort als Gedenkstätte zur Erinnerung an elf Opfer der Mauer ausgebaut. Die Gedenkstätte und das 1961 errichtete Holzkreuz existieren heute nicht mehr. Seit 2012 informieren zwei Glasstelen der „Geschichtsmeile Berliner Mauer“ über diesen und weitere Fluchtversuche und Unfälle mit tödlichem Ausgang in diesem Abschnitt der streng bewachten Sektorengrenze, wo der Fluss auf ganzer Breite zum Osten gehörte.
Anton Walzer, ein 50-jähriger Arbeiter, wurde am 8. Oktober 1962 von DDR-Grenzsoldaten entdeckt und erschossen. Die Bergung seiner Leiche aus der Spree durch ostdeutsche Stellen löste mehrtägige Proteste am West-Berliner Ufer aus. Nach der Wiedervereinigung kam es in einem der sogenannten Mauerschützen-Prozesse zur Verurteilung der Täter.
Der tragische Unfalltod des Jungen Cetin Mert, der an seinem fünften Geburtstag am 11. Mai 1975 beim Spielen in den Fluss fiel und trotz raschen Eintreffens der West-Berliner Polizei und Feuerwehr nicht gerettet werden konnte, beförderte Verhandlungen und eine Einigung zwischen der DDR-Regierung und dem Senat über die Zuständigkeit bei Rettungsmaßnahmen. Sein Leichnam wurde von Tauchern der NVA-Grenztruppen geborgen und in das Gerichtsmedizinische Institut nach Ost-Berlin gebracht. Erst Tage später wurde der Leichnam des kleinen Jungen den Eltern übergeben. Die Trauerfeier für Cetin Mert in West-Berlin wurde zum Massenprotest gegen das SED-Regime.
Inschriften
Inschrift des Gedenksteins
(am May-Ayim-Ufer)
Dem / unbekannten / Flüchtling
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Literatur
- Hertle, Hans-Hermann: Chronik des Mauerfalls. Die dramatischen Ereignisse um den 9. November 1989, Berlin 1996
- Sauer, Heiner/Plumeyer, Hans-Otto: Der Salzgitter Report. Die Zentrale Erfassungsstelle berichtet über Verbrechen im SED-Staat, München 1991
- Filmer, Werner/Schwan, Heribert: Opfer der Mauer. Die geheimen Protokolle des Todes, München 1991
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016
- Kategorie: Gedenkort
- Historisch: Ja
- Standort: May-Ayim-Ufer, gegenüber der Einmündung Bevernstraße
- Stadt: Berlin
- Ortsteil: Friedrichshain-Kreuzberg
- Gebiet: Berlin
- Land: Deutschland

