Berlin, Deutschland
Gedenkstätte „Weiße Mauerkreuze“
Die Grenze zum sowjetischen Sektor Berlins verlief entlang der Ost- und Nordseite des Reichstages (Ebertstraße und Spreebogen). In diesem Abschnitt des nahen Spreebogens markierte der westliche Uferrand die Grenzlinie, während die Wasserfläche zu Ost-Berlin gehörte. Mit Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961 wurden auch hier die Sperranlagen immer weiter ausgebaut. An der Stelle, wo die Grenzmauer entlang der Ebertstraße auf das Flussufer stieß, wurden 1971 aus Anlass des 10. Jahrestages des Mauerbaus vom „Berliner Bürger-Verein“ weiße Kreuze zum Gedenken an die bei der Flucht Umgekommenen errichtet. Nach der Wiedervereinigung 1990 führte die Umgestaltung des nördlichen Teils der Ebertstraße zum Friedrich-Ebert-Platz dazu, dass die Kreuze 1995 für eine Übergangszeit an die Ebertstraße Ecke Scheidemannstraße direkt vor den Reichstag versetzt wurden. Die Kreuze tragen eine Inschrift.
In den 1997 ausgelobten landschaftsplanerischen Wettbewerben zur Gestaltung des Friedrich-Ebert-Platzes wurden auch die vormals hier aufgestellten „Weißen Mauerkreuze“ mit einbezogen. Sie wurden am 17. Juni 2003 im Beisein des Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse und des Regierenden Bürgermeisters von Berlin Klaus Wowereit der Öffentlichkeit zurückgegeben. Die von dem Landschaftsarchitekten Jan Wehberg entworfenen neuen weißen Kreuze sind heute auf dem Spreeplatz vor dem Paul-Löbe-Haus in das Geländer eingelassen. Insgesamt befinden sich dort sieben Kreuze, auf denen jeweils zur Wasser- und Platzseite hin die Namen der Opfer eingraviert sind. Zur Platz- und Wasserseite tragen die Kreuze Inschriften.
Kurz vor den Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls 2014 wurden vierzehn weiße Kreuze von Aktivisten der Vereinigung „Zentrum für politische Schönheit“ entführt, um sie an den südlichen Außengrenzen der EU wieder aufzustellen. Die Aktion – laut Organisatoren ein Beitrag zur Debatte um westliche Flüchtlingspolitik, die mitverantwortlich sei für eine wachsende Zahl von Toten im Mittelmeer – rief ein geteiltes Echo hervor: Die Wochenzeitung „Die Zeit“ nannte die zeitweilige Entwendung der Kreuze „die wohl wichtigste und unbequemste Gedenkaktion des Jahres“, viele Politiker und Opferverbände kritisierten die Aktion als respekt- und geschmacklos.
Inschriften
Inschrift der weißen Kreuze
(auf dem Spreeplatz vor dem Paul-Löbe-Haus, zur Platzseite)
Günter Litfin, 24.08.1961, Tiergarten Humboldthafen // Ingo Krüger, 10.12.1961, Tiergarten Spree in Höhe Marschallbrücke // Hans Räwel, 01.01.1963, Kreuzberg Spree unweit Oberbaumbrücke // Klaus Schröter, 04.11.1963, Tiergarten Spree zw. Kronprinzenbrücke und Marschallbrücke // Heinz Sokolowski, 25.11.1965, Tiergarten Berlin-Mitte Clara-Zetkin-Straße // Marinetta Jirkowski, 22.11.1980 // Den „unbekannten“ Opfern an der Mauer
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift der weißen Kreuze
(auf dem Spreeplatz vor dem Paul-Löbe-Haus, zur Wasserseite)
Udo Düllick, 05.10.1961, Kreuzberg Spree in Höhe Gröbenufer // Werner Probst, 14.10.1961, Kreuzberg Spree in Höhe Schillingbrücke // Philipp Held, 11.04.1962, Kreuzberg Spree in Berlin-Osthafen // Axel Hannemann, 05.06.1962, Tiergarten Spree in Höhe Reichstagsufer // Lutz Haberland, 27.05.1962, Tiergarten Alexanderufer // Wolf-Olaf Muszynski, März 1963, Kreuzberg Spree in Höhe Curvystraße 51 // Chris Gueffroy, 05.02.1989
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift des großen Holzkreuzes
(Ecke Ebertstraße und Scheidemannstraße)
Heinz Sokolowski 48 J. Ostberlin †25.11.65 // Nach 7 Jahren DDR-Haft erschossen auf der Flucht
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Literatur
- Die Rückkehr des Gedenkens, in: Tagesspiegel, 22.6.2003
- Filmer, Werner/Schwan, Heribert: Opfer der Mauer. Die geheimen Protokolle des Todes, München 1991
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016
- Kategorie: Gedenkort
- Historisch: Nein
- Standort: Spreeplatz
- Stadt: Berlin
- Ortsteil: Mitte
- Gebiet: Berlin
- Land: Deutschland