Die US-Armee richtete 1945 auf dem Rasdorfer Berg in der hessischen Rhön unmittelbar an der amerikanisch-sowjetischen Demarkationslinie eine Beobachtungsstation „Observation Point Alpha“ ein. Diese Station sollte zunächst nur als provisorischer Stützpunkt der 24. Constabulary Squadron (Militärpolizei) dienen, die ab Juli 1946 die Überwachung der Grenze zur sowjetischen Besatzungszone (SBZ) übernahm. 1951 löste das 14. Armored Cavalry Regiment (Panzeraufklärungsregiment) die Militärpolizeieinheiten ab und baute den Überwachungsposten Point Alpha kontinuierlich aus. Im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen bei den US-Streitkräften wurde 1972 das 11. Panzeraufklärungsregiment im osthessischen Fulda stationiert. Wegen einem springenden Pferd im Regimentswappen wurde es „Black Horse“ genannt.
1954 wurde auf dem Rasdorfer Berg ein Holzturm errichtet, von dem aus das benachbarte thüringische Geisa eingesehen und mögliche Truppenbewegungen verfolgt werden konnten. Der Ort war die westlichste Stadt in der DDR. Dort waren DDR-Grenztruppen stationiert. Während der Zeit des Kalten Krieges vermuteten westliche Strategen, dass im Falle eines Angriffs die sowjetische Armee von einer Senke nördlich von Fulda, dem „Fulda Gap“, in Richtung Rhein-Main-Gebiet vorstoßen könnte. Daher gewann dieses Gebiet als „Auge und Ohr“ zum Osten zentrale Bedeutung im Verteidigungskonzept der NATO. 1971 wurde der Holzturm durch einen Betonturm ersetzt, zuvor waren bereits die Wellblechbaracken für die Unterbringung der Soldaten durch Betonbauten ausgetauscht worden. Im Point Alpha leisteten stets etwa 200 Soldaten des „Black Horse“-Panzeraufklärungsregiments rund um die Uhr Beobachtungsdienst Die ständige Präsenz der Amerikaner prägte den Ort Rasdorf. So entwickelten sich zwischen der Bevölkerung und den Soldaten teilweise freundschaftliche Beziehungen. Nach dem Ende des Kalten Krieges und der deutschen Vereinigung 1990 gab die amerikanische Armee 1992 den Stützpunkt auf dem Rasberg auf.
Bereits kurz nach der Grenzöffnung 1989 gab es erste Bestrebungen, „Point Alpha“ und einige der DDR-Grenzanlagen zu erhalten. 1995 wurde der Verein Grenzmuseum Rhön/ Point Alpha e. V. gegründet, der von hessischen und thüringischen Gemeinden unterstützt wird. Schließlich entstand eine Mahn-, Begegnungs- und Bildungsstätte als „Lernort der Geschichte“ – Das Grenzmuseum Rhön „Point Alpha“.
Seit 2008 ist die neu gegründete Point Alpha Stiftung Trägerin des Erinnerungsortes. Zu den Stiftungsgründern gehören die Länder Hessen und Thüringen, der Landkreis Fulda und der Wartburgkreis, die beiden Kommunen Geisa und Rasdorf sowie die bereits bestehenden Trägervereine. Auf dem Gelände der heutigen Gedenkstätte Point Alpha, die auf hessischer Seite ca. 30 000 Quadratmeter und auf thüringischer Seite etwa 40 000 Quadratmeter umfasst, werden in drei ehemaligen Baracken sowohl Dauer- als auch Wechselausstellungen zur Geschichte von Point Alpha und des Ost-West-Konflikts sowie der deutschen Teilung gezeigt. Viele der Exponate stammen aus dem Fundus der amerikanischen „Black Horse“-Einheiten. Der ehemalige Beobachtungsturm, der bei gutem Wetter einen weiten Blick über die Rhön bietet, ist begehbar. Auf dem Thüringer Gelände des Museums, das zum damaligen Grenzstreifen gehörte, kann eine Rekonstruktion der ehemaligen Sperranlagen als Mustergrenze, einschließlich des Signalzaunes und der Hundelaufanlage, besichtigt werden. So ist auf etwa 100 Metern ein im Original erhaltener Streckmetallgitterzaun zu sehen. Auf einem Abschnitt des Kolonnenweges aus Betonplatten sind LKW-Sperren, ein befestigter Erdbunker und ein erst im Mai 1989 errichteter Grenzwachturm erhalten. Ein Birkenkreuz, direkt gegenüber dem Beobachtungspunkt der US-Armee erinnert an die Opfer der deutschen Teilung, insbesondere an den gescheiterten Fluchtversuch des Bernhard F.
Die Dauerausstelung im „Haus auf der Grenze“, direkt auf dem ehemaligen Kolonnenweg, informiert über das Grenzregime der DDR sowie das Leben der Bevölkerung im Sperrgebiet. Im Dachgeschoss ist eine Ausstellung über die Flora und Fauna im sogenannten „Grünen Band“ zu sehen. Das Ausstellungsprojekt „Freiheiten“ versteht sich als interaktive Begegnungsstätte und kommunikativer Diskussionsraum. Sie zeigt die Beschränkungen der Freiheit während der SED-Diktatur anhand von Objekten, Dokumenten und Fotografien. Diese werden in Das Ausstellungsprojekt „Freiheiten“ macht das Unterdrückungsregime in der DDR anhand von Objekten, Dokumenten und Fotografien deutlich. Eine Multivision von Zitaten aus der Zeit der Friedlichen Revolution 1989 macht die Hoffnungen, Dramatik, Emotionen und Ängste des Revolutionsjahres erlebbar. Mit dem Jugendcamp Point Alpha wurden preiswerte Übernachtungsmöglichkeiten für Jugendliche geschaffen. Räume für Wokshops und Seminare stehen zur Verfügung. Zudem bietet die Stiftung Point Alpha verschiedene Projekte und Veranstaltungen an. Im Herbst 2001 wurde ein „Grenzlehrpfad“ entlang der ehemaligen Grenze zwischen Rasdorf und Geisa eingeweiht. Darüber hinaus führt der Grenzwanderweg „Grünen Bandes“ entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze an Point Alpha vorbei. Am 13. August 2000, dem Jahrestag des Mauerbaus, wurde auf Point Alpha in Rasdorf ein fünf Meter hohes „Denkmal der deutschen Teilung“ eingeweiht. Es besteht aus drei Holzstelen in einer Metallfassung. Zwei Platten sind durch einen Riss getrennt und stehen vor einer dritten ungeteilten Platte. In das Betonfundament wurde eine Kapsel mit Urkunden und Gegenständen aus der DDR eingelassen. Gestaltet haben das Denkmal drei Auszubildende Holzbildhauer aus Bad Salzungen. Finanziert wurde es durch Spenden der Länder Thüringen und Hessen.
Kontakt
Gedenkstätte Point Alpha
Platz der Deutschen Einheit 1
36419 Geisa
Inschriften
Inschrift des Denkmals
(auf dem Gelände der Gedenkstätte Point Aplha)
Wir sind das Volk / Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift der Informationstafel an der "Spirale des Friedens"
(auf dem Gelände der Gedenkstätte Point Aplha)
Spirale des Friedens // Rund 40 Jahre lang trennte / eine Frontlinie des Kalten Krieges unser Land. / Hier trafen zwei politische Systeme und Militärblöcke / aufeinander und damit letztlich die USA und / die Sowjetunion. / Dann sorgte der Wind des Wandels dafür, / dass wieder zusammenfand, was zusammengehört. / Friedlich und vom Volk gewollt. // Diese dreiteilige Windspirale aus Stahl und Polyester / des Künstlers Friedel Deventer symbolisiert die / raumgreifende Dynamik der Veränderung. / Das energetische Kraftfeld der Spirale steht für / die Vision – oder Utopie? – einer friedlichen Welt // Im Juni 2003
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift der Informationstafel an der Installation "Runder Tisch"
(auf dem Gelände der Gedenkstätte Point Aplha)
Der Runde Tisch // erinnert an die Gesprächsrunden / und dramatischen Ereignisse der friedlichen Revolution / von 1989 in der DDR. Er steht unmittelbar auf der / ehemaligen Trennungslinie zwischen dem geteilten / Deutschland, als Symbol für die wiedergewonnene Einheit / der sechzehn Bundesländer in Frieden und Freiheit. // Die Betonteile bestehen aus Resten der ehemaligen / Grenzbefestigungsanlagen. // In Respekt und Dankbarkeit errichtet von der / Gedenkstätte Point Alpha mit freundlicher / Unterstützung der Wartburg-Sparkasse und der / Schnitzschule Empfertshausen am Staatlichen / Berufsbildungszentrum Bad Salzungen. // 17. Juni 2003 // 50. Jahrestag des ersten Volksaufstandes in der DDR
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift der Informationstafel am Originalsegment der Berliner Mauer
(auf dem Gelände der Gedenkstätte Point Aplha)
Zeitgeschichte in Stein: / Original-Segment der Berliner Mauer // Die Belriner Mauer stand zwar weit weg von diesem Teil / der Grenze, hatte aber eine ganz besondere Bedeutung / für die deutsche Teilung. / Mit der Errichtung der Mauer im August 1961 begann der / massive Ausbau der rund 1.400 km langen innerdeutschen / Grenze zum nahezu unüberwindlichen Bollwerk. Und mit / Öffnung der Berliner Mauer im November 1989 fiel auch / bald der Rest des Eisernen Vorhangs in sich zusammen. / Dieses 1,20 m breite udn (mit Sockel) 3,60 m hohe Mauer / Segment wiegt 3 Tonnen. Es ist ein geschenk des Berliner / Senats an die Gedenkstätte Point Alpha. / Die Geschichte der mauer beweist, dass der Wunsch nach / Freiheit auf Dauer stärker ist als Beton.
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Literatur
- Keune, Mira/Bausch, Volker: Point Alpha. Vom heißen Ort im Kalten Krieg zum Lernort der Geschichte, Hrsg. Point Alpha Stiftung 2013.
- Krüger, Dieter: Am Abgrund? Das Zeitalter der Bündnisse. Nordatlantische Allianz und Warschauer Pakt 1947 bis 1991. Schriftenreihe Point Alpha, Band 1, 2013.
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016