Zwischen den Städten Marienborn in der Sowjetischen (SBZ) und Helmstedt in der britischen Besatzungszone – an der ehemaligen Reichsautobahn (und heutigen A 2) in Richtung Berlin und der Eisenbahnstrecke Berlin-Hannover – richteten die Siegermächte am 1. Juli 1945 den Kontrollpunkt Marienborn-Helmstedt ein. Über den Kontrollpunkt lief der gesamte Verkehr der Westalliierten von und nach Berlin. In die Schlagzeilen geriet der Kontrollpunkt das erste Mal während der Berlin-Blockade, als die sowjetische Besatzungsmacht in der Zeit vom 24. Juni 1948 bis zum 12. Mai 1949 die Land- und Wasserwege zu den Westsektoren Berlins sperrte. Der Kontrollpunkt entwickelte sich im Verlauf des Kalten Krieges zum Seismographen der Ost-West-Beziehungen und zu einem Nadelöhr zwischen den Welten. Im Jahr 1950 übernahm die Volkspolizei der DDR das Kommando über den „Kontrollpassierpunkt“ Marienborn. Im Mai 1952 erfolgten aufgrund einer Verordnung des Ministerrates der DDR die völlige Abriegelung der Grenze sowie die Verschärfung des Grenzregimes durch Einrichtung eines fünf Kilometer breiten Sperrgebiets, eines 500 Meter breiten „Schutzstreifens“ und eines zehn Meter breiten Kontrollstreifens sowie der Ausbau der Kontrollstelle. Die Grenzpolizei wurde dem MfS unterstellt, was allerdings 1957 wieder rückgängig gemacht wurde. Nach dem Mauerbau 1961 zeigte sich immer deutlicher, dass die Grenzübergangsstelle (GÜSt) dem wachsenden Verkehrsaufkommen von und nach West-Berlin nicht mehr gewachsen war. Im Rahmen des Transitabkommens errichtete die DDR in den Jahren 1972 bis 1974 schließlich in etwa 1,5 Kilometern Entfernung von der innerdeutschen Grenze eine neue Grenzübergangsstelle. Nach deren Fertigstellung waren rund 1.000 Bedienstete (Zollverwaltung der DDR, Grenztruppen der DDR, Ministerium für Staatssicherheit und Zivilbeschäftigte) im Einsatz. Allein zwischen 1985 und 1989 wurden dort 34,6 Millionen Reisende abgefertigt. Marienborn entwickelte sich zur größten und bedeutendsten Grenzübergangsstelle an der innerdeutschen Grenze. Damit entstand zugleich ein fast lückenloses Kontrollsystem. In Verbindung mit den eigentlichen Sperranlagen und dem in das Hinterland reichenden Überwachungssystem sollte jeder Fluchtversuch über die Grenzübergangsstelle Marienborn für DDR-Bürger unmöglich gemacht werden.
Mit der Öffnung der Grenze am 9. November 1989 konnten DDR-Bürger die Übergangstelle erstmals wieder uneingeschränkt passieren. Am 30. Juni 1990 um 24 Uhr wurden die Kontrollen schließlich eingestellt und ab dem 1. Juli 1990 verlor die Anlage mit dem Inkrafttreten der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion endgültig ihre Funktion.
1992 beschloss das Land Sachsen-Anhalt den Aufbau der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn. Am 13. August 1996 erfolgte die feierliche Eröffnung durch den damaligen Ministerpräsident Reinhard Höppner. Die Gedenkstätte erinnert heute an die Opfer der deutschen Teilung in den Jahren 1945 bis 1989, die wegen der Vorbereitung oder Durchführung eines Fluchtversuchs an der innerdeutschen Grenze von Repressionsorganen der Sowjetarmee und der DDR kriminalisiert, verhaftet oder getötet wurden. Gedacht wird auch der Menschen, die an den DDR-Grenzübergangsstellen den Schikanen und Demütigungen des Zolls oder des Staatssicherheitsdienstes der DDR ausgesetzt waren. Die Gedenkstätte wurde als „offener Lernort“ konzipiert, an dem neben der Vermittlung von historischem Wissen die Verknüpfung von geschichtlichen Ereignissen mit aktuellen Themen im Fokus steht.
Als Standort für die Gedenkstätte wurde der Kernbereich der ehemaligen Grenzübergangsstelle Marienborn/ Autobahn gewählt, der an der Bundesautobahn 2 zwischen Helmstedt und der Ausfahrt Alleringersleben liegt. Die Besucher können das Gelände selbstständig erschließen sowie im Rahmen einer Führung die verschiedenen Bereiche und Funktionseinheiten (u. a. Kontrolleinrichtungen, Kommandoturm) der ehemaligen Grenzübergangsstelle besichtigen. Hierfür wurde ein Besucherleitsystem eingerichtet, das mit Informationstafeln und QR-Codes dem Individualbesucher vielfältige Möglichkeiten der Orientierung und Information bietet.
Zur Gedenkstätte gehören außerdem historische Funktionsgebäude wie das Heizhaus, die Trafostation, die Veterinärkontrolle und ein Garagenkomplex. Die neue Dauerausstellung „Die DDR-Grenzübergangsstelle Marienborn. Schauplatz des Ost-West-Konflikts im geteilten Deutschland“ informiert seit 2020 neben der Geschichte der Grenzübergangsstelle auch über alltagsgeschichtliche Themen, wie etwa über das Leben der im Sperrgebiet lebenden Menschen. Eine Dauerausstellung zum Zoll in der DDR befindet sich in den historischen Räumen der Zollkontrolle. In der ehemaligen Kantine für die GÜSt-Mitarbeiter wurde heute ein Raum der Stille zur individuellen Andacht eingerichtet. Im Vorraum der ehemaligen Kantine wurde die Dauerausstellung zudem um ein themenspezifisches Modul über die “Todesopfer an der innerdeutschen Grenze” erweitert.
Die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn ist Teil der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt. Das Grenzdenkmal Hötensleben ist seit dem 1. Januar 2004 ebenfalls Bestandteil der Gedenkstätte. Die beiden historischen Orte gehören zum Projekt Grenzenlos – Wege zum Nachbarn e.V. und werden auf den organisierten Rundfahrten des Vereins vorgestellt. Seit 2009 wird die Gedenkstätte, aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages zusätzlich durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Im Dezember 2011 wurde die Gedenkstätte mit dem Europäischen Kulturerbesiegel der Europäischen Union ausgezeichnet.
Kontakt
Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn
An der Bundesautobahn 2
39365 Marienborn
Ereignisse
13. August 1996 - Eröffnung
Feierliche Eröffnung der Gedenkstätte
Literatur
- Gedenken, Nachdenken, Vorausdenken. Gedenkstätten, Dokumentationszentren und andere Einrichtungen, hrsg. vom Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt, Arbeitskreis Aufarbeitung, Halle 2000
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016