In der unweit von Lugansk (ukrainisch Luhansk) im Osten der Ukraine gelegenen Kleinstadt Starobilsk befand sich eines der drei berüchtigten Speziallager, in denen die sowjetische Geheimpolizei NKWD im Winter 1939/40 gefangengenommene polnische Soldaten und Polizisten interniert hatte. Auf dem Gelände eines ehemaligen orthodoxen Frauenklosters wurden in Starobilsk rund 4000 Offiziere der polnischen Armee festgehalten, die im Frühjahr 1940 auf Beschluss des Politbüros der KPdSU liquidiert wurden. Sie wurden nach Charkiw abtransportiert und dort im Keller des NKWD-Gefängnisses erschossen. Ihre sterblichen Überreste ruhen auf dem Friedhof in Pjatychatky am Stadtrand von Charkiw.
Rund 30 Offiziere, die die Lagerhaft nicht überlebten und bereits vor dem Abtransport verstarben, waren auf einem ehemaligen örtlichen Friedhof in Starobilsk bestattet worden. Im Rahmen von Exhumierungsarbeiten einer polnischen Forschergruppe wurden im April 1994 sogar 48 Leichen polnischer Staatsbürger identifiziert, die teilweise Häftlinge des im August 1940 eingerichteten NKWD-Lagers Starobilsk II gewesen waren. Die sterblichen Überreste aller Polen wurden am 21. April 1994 im Beisein eines katholischen Geistlichen auf dem neuen kommunalen Friedhof Chmyrivka beigesetzt. Die Neugestaltung des polnischen Abschnitts mit 42 kleinen Betonkreuzen sowie einem großen Metallkreuz wurde im September 1995 abgeschlossen. Seither werden die Gräber von dem polnischen Jugendverband »Brücke der Hoffnung« gepflegt. Ein Gedenkstein aus schwarzem Marmor mit dem Wappen der Polnischen Armee erinnert mit polnischer und ukrainischer Inschrift an die Toten.
Am 17. Juni 2005 wurde an der Mauer des inzwischen wieder eingerichteten Klosters in Starobilsk auf Betreiben des polnischen Generalkonsulats in Charkiw eine Gedenktafel für die dort festgehaltenen polnischen Offiziere enthüllt. Bei einem Besuch einer Delegation des polnischen »Rates zur Bewahrung der Erinnerung an Kampf und Martyrium« in Starobilsk im Oktober 2011 wurde eine Erneuerung des polnischen Abschnitts des Friedhofs und eine Überarbeitung der dortigen Gedenktafel vereinbart.
Inschriften
Inschrift der Gedenktafel
(auf dem Friedhof)
Tu spoczywa 48 Polaków, / jeńców i internowanych,
więzionych / w obozie NKWD w
m. Starobielsku. / Cześć ich pamięci!
Тут спочиває 48 Поляків, / військовополо-
нених та інтернованих, / ув‘язнених у та-
борі НКВС в місті / Старобельську. / Вічна
їм пам‘ять!
Deutsche Übersetzung:
Hier ruhen 48 Polen, Kriegsgefangene und
Internierte, die im NKWD-Lager in Starobilsk
gefangen gehalten wurden. Ehre ihrem Andenken!
Sprache: Ungarisch / Polnisch, Schrift: Kyrillisch / Lateinisch
Inscharift der Gedenktafel
(an der Außenfassade des Klosters)
»By czas nie zaćmił i niepamięć …« /
W tym miejscu w latach 1939-1940 /
byli więzieni przez NKWD – i stąd /
zostali przewiezieni do Charkowa na / r
ozstrzelanie – oficerowie i /
podchorążowie Wojska Polskiego – /
jeńcy z Wojny Obronnej 1939 roku.
»Щоб час не затьмив і забуття …« /
У цьому місці у 1939-1940 рр. /
НКВС ув‘язнив та перевіз до /
Харкова на розстріл офіцерів /
та підхорунжих Війська /
Польського – в‘язнів Оборонної /
війни 1939 року.
Deutsche Übersetzung:
»Damit Zeit und Vergessenheit es nicht verdunkeln
…« [ = Zitat aus der Dedikation der
lateinischen Chronik von Jan Długosz (Johannes
Longinus), entstanden 1455–1480]
An diesem Ort hielt der NKWD in den Jahren
1939–1940 Offiziere und Offiziersanwärter
der Polnischen Armee, Kriegsgefangene aus
dem Verteidigungskrieg des Jahres 1939,
gefangen. Von hier wurden sie nach Charkiw
zur Erschießung transportiert.
Sprache: Ungarisch / Polnisch, Schrift: Kyrillisch / Lateinisch
Ereignisse
21. April 1994 - Errichtung
Beisetzung auf dem Friedhof
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Erinnerungsorte für die Opfer von Katyn, Leipzig 2013