Berlin, Deutschland

Erinnerungstafel für die frühere Passierscheinstelle Schulstraße/Ecke Maxstraße

 
Nachdem bereits seit dem 13. August 1961 den Ostdeutschen der Zugang nach West-Berlin verwehrt worden war, durften seit dem 22. August auch keine West-Berliner mehr nach Ost-Berlin einreisen. Ein Treffen von Familienangehörigen und Freunden, die diesseits und jenseits der Grenze lebten, war nun unmöglich geworden. An wenigen Stellen der Mauerkonnte man sich hin und wieder einander zuwinken, was die Volkspolizei trotz aller Bemühungen nie ganz verhindern konnte. Weihnachten 1963 durften West-Berliner ihre Verwandten in Ost-Berlin erstmals wieder besuchen. Am 17. Dezember 1963 unterzeichneten der West-Berliner Senatsrat Horst Korber und der DDR-Staatssekretär Erich Wendt ein Protokoll über das erste sogenannte Passierscheinabkommen. DDR-„Postangestellte“ sollten dafür in zwölf West-Berliner Schulen Anträge für Verwandtenbesuche im Osten entgegennehmen und die entsprechenden Passierscheine ausgeben. Es war eine kleine, doch wichtige Verbesserung: Zwischen dem 20. Dezember 1963 und dem 5. Januar 1964 konnten nach 28 Monaten der Trennung etwa 700 000 West-Berliner wenigsten für einen Tag ihre Verwandten im Ostteil der Stadt besuchen. In den folgenden Jahren wurden weitere Besuchsmöglichkeiten für West-Berliner in Ost-Berlin vereinbart, wobei von 1966 bis zum Abschluss des Vier-Mächte-Abkommens über Berlin im September 1971 die östliche Seite nur Besuche in sogenannten „dringenden Familienangelegenheiten“ gestattete. Auf der Grundlage des Vier-Mächte-Abkommens wurde im Dezember 1971 eine neue Reise- und Besuchervereinbarung getroffen. Sie erlaubte es, dass West-Berliner für 30 Tage im Jahr nach Ost-Berlin und auch in die DDR reisen durften. In West-Berlin wurden fünf Besucherbüros eingerichtet, in denen Anträge entgegengenommen und Berechtigungsscheine ausgestellt wurden. Längere Verhandlungen gab es über die Standorte der Büros, weil die DDR weder Büros an der Sektorengrenze noch in Senatsdienststellen akzeptieren wollte. Mit dem Fall der Mauer endete auch die Arbeit der Besucherbüros. Einreisegenehmigungen waren ab Dezember 1989 für West-Berliner nicht mehr notwendig. Die Besucherbüros schlossen am 22. Dezember 1989. Auf Antrag der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte beschloss das Bezirksparlament, eine Gedenktafel an einem der früheren Büros für Reise- und Besucherangelegenheiten anzubringen. Heute befindet sich dort eine Seniorenfreizeitstätte. Am 28. Juni 2005 wurde die von der Wohnungsbaugesellschaft Gesobau und der Gedenktafelkommission Mitte realisierte Gedenktafel eingeweiht.

Inschriften

Inschrift der Gedenktafel
(am Gebäude der Seniorenfreizeitstätte)
Hier wurde am 29. Januar 1973 eine von fünf / PASSIERSCHEINSTELLEN / zum tageweisen Besuch von Ost-Berlin eingerichtet. / Sie wurden von Ostberliner Seite betrieben und bestanden bis zum Fall der / Berliner Mauer im November 1989. Nach dem Bau der Mauer 1961 konnten / Bewohner West-Berlins jahrelang nicht in den Ostteil der Stadt gelangen. / Erst nach der Einführung einer strengen Besuchsregelung mit / Gebührenpflicht war es der Mehrheit der Westberliner möglich, / Familienangehörige und Freunde zu besuchen. / Berlin 2005
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch

Ereignisse

28. Juni 2005 - Einweihung
Einweihung der Erinnerungstafel für die frühere Passierscheinstelle Schulstraße/Ecke Maxstraße
29. Januar 1973 bis November 1989 - Historie
Aktivität der Passierscheinstelle Schulstraße/Ecke Maxstraße

Literatur

  • Kunze, Gerhard: Grenzerfahrungen. Kontakte und Verhandlungen zwischen dem Land Berlin und der DDR 1949–1989, Berlin 1999 (= Studien des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin)
  • Alisch, Steffen: „Es ist darauf zu achten, daß alle warm angezogen sind!“ Passierscheinstellen und Besucherbüros in West-Berlin zur Mauerzeit, in: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat 16 (2004), S. 17–25

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016