Rostock, Deutschland

Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaft der Staatssicherheit in Rostock

 
Die Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Rostock wurde im Oktober 1999 vom damaligen Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) eröffnet und bis zu ihrer sanierungsbedingten Schließung im September 2017 in Kooperation mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Historischen Institut der Universität Rostock getragen. Unmittelbar nach der Wiedervereinigung 1990 nutze zunächst die bundesdeutsche Justiz das Gefängnis und führte dort bauliche Veränderungen durch. Im Zeitraum zwischen 1992 und 1996 stand das Gebäude leer, bevor es 1998 in das „Dokumentationszentrum des Landes Mecklenburg-Vorpommern für die Opfer deutscher Diktaturen“ eingebunden wurde. Nach Abschluss der umfangreichen Sanierungsarbeiten eröffnete die Dokumentations- und Gedenkstätte im Juli 2021 in neuer Trägerschaft der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern wieder. Die UHA wurde Ende der 1950er Jahre auf dem Gelände der Stasi-Bezirksverwaltung als Neubau errichtet. Von der Straße aus war sie nur schwer zu erkennen. Von September 1960 bis zur Besetzung der Bezirksverwaltung Anfang Dezember 1989 waren hier mehr als 4 800 Frauen und Männer, vornehmlich aus politischen Gründen, eingesperrt. Oft wurden die Untersuchungshäftlinge wochenlang verhört, bis sie gestanden, was die DDR-Geheimpolizei ihnen vorwarf. Bis zu 110 Frauen und Männer konnten in den 46 Zellen auf drei Etagen inhaftiert werden. In den 1980er Jahren waren im Durchschnitt 50 Frauen bzw. Männer zeitgleich eingesperrt. Für viele Häftlinge war diese Zeit mit kaum zu ertragender Isolation verbunden. Körperliche und psychische Misshandlung gehörten zum Haftalltag. Seit Mitte der 1970er Jahre überwog die psychische Drangsalierung mit langer Einzelhaft, Schlafentzug, Nachtverhören oder absolutem Kontaktverbot. Die Zellen waren zumeist 7,5 Quadratmeter groß und Tageslicht drang nur durch Glasbausteine hinein, die eine direkte Belüftung nicht zuließen. Der Umgang mit den Häftlingen war von Willkür geprägt. Sogenannte „Vergünstigungen“ wie beispielsweise eine Rauch- oder Leseerlaubnis mussten sich die Häftlinge durch Geständnisse oder striktes Einhalten der Haftordnung „erarbeiten“. Diese „Vergünstigungen“ konnten aber auch jederzeit wieder gestrichen werden. Seit der Wiedereröffnung der Dokumentations- und Gedenkstätte im Sommer 2021 dient eine neukonzipierte Interimsausstellung in deutscher Sprache als Grundlage zur Erschließung des Ortes. Sie informiert über die Geschichte der Haftanstalt und die Schicksale der hier inhaftierten Menschen. Besucher haben im Rahmen eines Rundgangs die Möglichkeit einen Teil des originalen Zellentraktes zu besichtigen. Wechselnde Sonderausstellungen zu Themen der DDR-Geschichte ergänzen das Angebot. Seit der Wiedereröffnung befindet sich in der Dokumentations- und Gedenkstätte auch die vom gleichnamigen Verein konzipierte Ausstellung "Über die Ostee in die Freiheit". Sie veranschaulicht die Hintergründe des Grenzregimes an der Ostseeküste und dokumentiert das ausgeklügelte Überwachungssystem. Als größtes DDR-Urlaubsgebiet mit ihren Buchten, Haffs und Stränden ließ sich die Küste nicht einfach absperren. Die SED und ihre ausführenden Organe installierten deshalb ein engmaschiges und tief gestaffeltes Überwachungssystem. Mehr als 5 600 Menschen versuchten zwischen 1961 und 1989 über die Ostsee zu fliehen. Nur 931 gelang die Flucht, mindestens 174 bezahlten ihren Traum von der Freiheit mit dem Leben.

Kontakt

Öffnungszeiten Dienstag und Donnerstag 10 – 15 Uhr, Rundgänge und Seminare Mo – Fr nach Anmeldung und Absprache, öffentliche Führungen Juli bis November Donnerstag 15 Uhr
Grüner Weg 5
18055 Rostock

Ereignisse

Juli 2021 - Wiedereröffnung
Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)
2018 bis 2021 - Restaurierung
Umfangreiche Sanierungsarbeiten
Oktober 1999 bis September 2017 - Eröffnung
Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)
1992 bis 1996 - Schließung
Leersstand des Gebäudes
1990 bis 1992 - Historie
Nutzung des Gebäudes durch die bundesdeutsche Justiz
1960 bis 1989 - Historie
MfS Untersuchungshaftanstalt Rostock

Literatur

  • Ammer, Thomas/Memmler, Hans-Joachim (Hrsg.): Staatssicherheit in Rostock. Zielgruppen, Methoden, Auflösung, Köln 1991 (= Edition Deutschland Archiv)

Publikationen der Bundesstiftung

  • Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016
 
  • Kategorie: Museale Anlage
  • Historisch: Ja
  • Standort: Grüner Weg 5
  • Stadt: Rostock
  • Gebiet: Mecklenburg-Vorpommern
  • Land: Deutschland