„Little Berlin“ nannten die Amerikaner dieses Dorf „am Ende der Welt“, das ebenso wie sein großes Pendant zum Symbol der deutschen Teilung wurde. In Mödlareuth gab es eine Mauer, aber keinen Grenzübergang. Bereits 1810 wurden entlang des durch Mödlareuth fließenden Tannbaches neue Grenzsteine gesetzt. Auf der einen Seite der Steine wurden die Initialen „KB“ (Königreich Bayern) und auf der anderen „FR“ (Fürstentum Reuß) eingeschlagen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bildete der Tannbach ebenfalls die Demarkationslinie zwischen Mödlareuth-Ost in der sowjetischen und Mödlareuth-West in der amerikanischen Besatzungszone. Mit Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 gehörte der Ostteil nun zur DDR, der Westteil zur Bundesrepublik Deutschland. Zu dieser Zeit war es allerdings noch möglich, mit einem Passierschein oder dem „Kleinem Grenzschein“ den Tannbach zu überqueren.
Dies änderte sich schlagartig, als am 26. Mai 1952 die „Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der DDR und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands“ vom DDR-Ministerrat beschlossen wurde und einen Tag später die Polizeiverordnung in Kraft trat. Im Juli 1952 wurde mit der Errichtung eines übermannshohen Bretterzaunes die totale Abgrenzung der beiden Ortsteile eingeleitet. Jahrhundertealte wirtschaftliche, gesellschaftliche und familiäre Verbindungen über den Tannbach hinweg waren abrupt unterbrochen worden. Wie in anderen Grenzdörfern kam es auch in Mödlareuth 1952 und 1961 zu Zwangsaussiedlungen, bei denen zahlreiche DDR-Bürger aus den grenznahen Gebieten ins Hinterland verbracht und ihre Häuser zum Teil dem Erdboden gleichgemacht wurden. Die Sperranlagen in Mödlareuth baute die DDR immer weiter aus, bis schließlich 1966 als sichtbarer Höhepunkt der Grenzsicherung die 700 Meter lange und 3,30 Meter hohe Betonsperrmauer errichtet wurde. In beiden Ortsteilen ergab sich in den Jahren der Teilung eine völlig konträre Situation. Im Westteil Mödlareuths herrschte starker Besucherandrang. Der Ort war eine beliebte Anlaufstelle für Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur wie auch für unzählige Grenztouristen. Der Ostteil Mödlareuths befand sich hingegen im 500 Meter breiten „Schutzstreifen“, im sensibelsten Bereich der DDR-Grenzsicherung. Außer den Bewohnern, deren Leben strengen Regeln unterlag, hatten nur DDR-Bürger mit Sondergenehmigung Zugang. Am 9. Dezember 1989, einen Monat nach dem Fall der Mauer in Berlin, wurde ein Grenzübergang in Mödlareuth eröffnet.
Mit dem Fall der Mödlareuther Mauer am 17. Juni 1990 entstand die Idee, ein Museum zur Geschichte der deutschen Teilung in dem heute noch verwaltungstechnisch geteilten Dorf zu errichten. Erklärtes Ziel des Deutsch-Deutschen Museums ist es, die Geschichte der Teilung in ihrer Gesamtheit darzustellen. Nicht nur Mauer und Stacheldraht, sondern auch die politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen sowie alltagsgeschichtlichen Aspekte werden thematisiert und exemplarisch anhand regionaler und lokaler Beispiele erläutert. Neben einer musealen Infrastruktur mit Archiv, Bibliothek, Medienwerkstatt und Depots verfügt das Museum über ein Freigelände mit einer Fläche von etwa 8.000 Quadratmetern. Eine Rekonstruktion stellt die Gliederung des Grenzgebietes in Sperrzone und „Schutzstreifen“, den Aufbau und das Zusammenwirken der verschiedenen Sperranlagen sowie die „offene Grenze“ von Seiten der Bundesrepublik (Zeitstand 1989) dar. Ein zweiter Teilbereich zeigt die vorderen Sperranlagen von Mödlareuth im Original auf einer Länge von etwa 100 Metern. Ein vier Kilometer langer Geschichtslehrpfad, der eine Vorstellung von der Weitläufigkeit der Sperranlagen vermittelt, und ein begehbares Fahrzeug-Depot ergänzen das Museumsangebot.
Eine für Ende 2025 geplante Erweiterung und Modernisierung des Museums sieht u. a. einen Neubau für die Dauerausstellung sowie eine Ergänzung des digitalen Archivs um Zeitzeugeninterviews vor. Die Neugestaltung des Freigeländes um die frühere Grenzmauer herum sowie der Neuanstrich der durch die Witterung geschädigten Mauer wurde bereits in den letzten Jahren realisiert.
Kontakt
Deutsch-Deutsches Museum Mödlareuth
Mödlareuth 13
95183 Töpen
Inschriften
Inschrift der Metallplakette auf dem Gedenkstein
(auf dem Museumsgelände)
In honor of the 2nd Armored Cavalry Regiment soldiers who / patrolled along the Iron Curtain to protect freedom and peace in / Western Europe. This plaque is presented on the return of the / Regiment to the United States of America after / successful completion of the mission // 15 July 1992 - Little Berlin // 1948 - 1992 // Soldaten des 2. US-Panzeraufklärungsregiments haben fast fünf / Jahrzehnte entlang des Eisernen Vorhangs den Frieden und / die Freiheit Westeuropas gesichert / Gestiftet nach erfolgreicher Beendigung des Auftrages und / aus Anlaß der Rückkehr des Regiments in die USA // Mödlareuth - 15 Juli 1992
Sprache: Deutsch / Englisch, Schrift: Lateinisch
Ereignisse
9. Dezember 1989 - Historie
Öffnung des Grenzübergangs bei Mödlareuth
Literatur
- Hermann, Ingolf/Schaffner, Arndt: Die Deutsch-Deutsche Grenze. Von Posseck bis Lehesten, von Ludwigsstadt nach Prex. Grenzdokumentation, Plauen 1998
- Lebegern, Robert: Mauer, Zaun und Stacheldraht. Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze 1945–1990, Weiden 2002
- Schaffner, Arndt: Mödlareuth – Tagebuch eines geteilten Dorfes (Video, 40 Min.), 1983
- Schaffner, Arndt: Alltag an der Grenze. Die deutsche Teilung am Beispiel Mödlareuth (Video, 20 Min.), 1998
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016