Auf dem Dorfanger wurde am 29. April 1990 im Beisein der damaligen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und Rainer Hildebrandt, dem Gründer des Berliner Mauermuseums – Museum „Haus am Checkpoint Charlie“ das wohl erste Originalsegment der Berliner Mauer eingeweiht. Rechts und links neben dem Betonsegment setzte man bei der Zeremonie als Symbol des Lebens zwei Linden.
Bereits Anfang Dezember 1989 war der gelernte Steinmetz Michael Spitzenberg aus Silberhausen mit professionellem Werkzeug im Gepäck nach Berlin gereist, um sich am Grenzübergang Sonnenallee als Mauerspecht zu betätigen. Obwohl er selbst als junger Mann nur wenige Kilometer von Silberhausen entfernt den Grenzzaun zu Westdeutschland mit aufbauen musste, war er von den unmenschlichen Ausmaßen der Mauer in Berlin schockiert. Deshalb beschloss er spontan, ein Segment in sein Heimatdorf im Eichsfeld bringen zu wollen. Anfang Februar 1990 konnte er mit einem geliehenen Lastwagen nach Berlin fahren, um das ihm zugesprochene Element mit der Nr. 196 entgegenzunehmen. Da dieses aber schon stark unter den Mauerspechten gelitten hatte, wurde kurzerhand ein anderes Mauerteil aufgeladen und ins Eichsfeld nach Silberhausen gebracht, wo es zunächst in Spitzenbergs Garten abgestellt wurde.
Auf der Ostseite des Mauerstückes arbeitete der Steinmetz eine Sonnenuhr mit den aus seiner Sicht prägnanten Punkten der DDR-Geschichte sowie den Daten des Sperrriegels um West-Berlin ein. Auf der ehemaligen Westseite findet sich die originale Bemalung. Damit das Denkmal in der Ortsmitte aufgestellt werden konnte, erhielt er von der Bürgermeisterin des Ortes einen befristeten Pachtbrief für genau drei Quadratmeter. Als 2020 Der Spiegel über das Denkmal in Silberhausen und seinen Initiator berichtete, stellte er mit einem Augenzwinkern fest, dass sich Deutschlands „wahre Mitte, [d]er Gleichgewichtspunkt dieses Landes“ exakt dort befindet, wo Spitzenbergs Denkmal steht – auf dem Dorfanger in Silberhausen.
Inschriften
Inschrift der Grabplatte
(Auf dem Dorfanger)
Den Opfern zum / Gedenken / den Lebenden zur / Mahnung
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift auf dem Mauersegment
(Auf dem Dorfanger)
Betonplattenwand / 106 km / Metallgitterzaun / 66,5 km / Beobachtungstürme / 302 / Hundelaufanlagen / 259 / Bunker 20 Stück
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Inschrift des Grabsteines
(Auf dem Dorfanger)
Nach 43 Jahren / SED / Ade!
Sprache: Deutsch, Schrift: Lateinisch
Ereignisse
29. April 1990 - Einweihung
Einweihung des Denkmals „Berliner Mauer“
Publikationen der Bundesstiftung
- Kaminsky, Anna (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, 3. Aufl., Berlin 2016
Weitere Informationen
- Die Chronik des Dorfes Silberhausen, hrsg. Von der Gemeindeverwaltung Silberhausen, 1993.