title_waldheimer-prozesse
In der DDR offiziell als „Prozesse gegen Nazi- und Kriegsverbrecher in Waldheim“ bezeichnet, finden die Verfahren vom 21. April bis zum 29. Juni 1950 in der sächsischen Kleinstadt statt. Nach der Auflösung der noch verbleibenden drei sowjetischen Speziallager Bautzen, Buchenwald und Sachsenhausen, werden über 3.400 Häftlinge im Januar 1950 zur weiteren Aburteilung in die Justizvollzugsanstalt Waldheim überstellt. Den Angeklagten werden NS-Gewaltverbrechen zur Last gelegt. Unter ihnen befindet sich eine nicht unwesentliche Anzahl an Personen, die Funktionsträger des NS-Staates waren, ebenso wie eine große Gruppe an Personen, die nach damaligen Maßstäben als einfache oder niedere bis mittlere NS-Funktionäre als weniger schwer belastet gelten. Gegen zahlreiche andere Angeklagte liegen keine Verdachtsmomente für Beteiligung an Verbrechen vor. Aufgrund ihrer zweifelhaften Rechtsgrundlage gelten die Prozesse als Inbegriff für fehlende Rechtsstaatlichkeit. Abgesehen von zehn öffentlich inszenierten Schauprozessen – die Urteile standen im Vorfeld fest –, bei denen Verteidiger auftreten, Zeugen angehört und ausgewählte Zuschauer zugelassen werden, finden die übrigen Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Sie werden als Schnellprozesse durchgeführt und dauern meist weniger als 30 Minuten. Die eingesetzten Justizfunktionäre werden von der SED-Spitze ausgewählt, auch der Prozessablauf verfolgt ihrem Plan. Von Anfang an steht fest, dass die SED-Führung harte Urteilssprüche erwartet. Überwiegend werden Zuchthausstrafen zwischen zehn bis 25 Jahren verhängt, 146 Personen werden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. In 33 Fällen wird die Todesstrafe verhängt, von denen 24 vollstreckt werden. Auch 160 Jugendliche, die zum Zeitpunkt der Kapitulation 1945 noch minderjährig sind, werden abgeurteilt. Ab 1952 werden auf Anordnung der Sowjetischen Kontrollkommission zahlreiche Verurteilte aus der Haft entlassen oder deren Strafmaß reduziert. Bis Ende 1956 sind nahezu alle Betroffenen freigelassen.